Object: Deutsches Lesebuch für Mittelschulen

38. Der Bodensee. 
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Engen getreten, hat der Fluß Zu seiner 
Rechten den über 6000 Fuß hohen Säu- 
liug, zu dessen Füßen der Alp- und der 
Schwansee sich ausbreiten, zwischen beiden 
die Höhe, welche das reizende Schloß Ho¬ 
henschwangau trägt; zur Linken die 
unter ihrer alten Feste malerisch gelegene 
Stadt Füssen, entstanden aus einer vom 
Glaubensprediger Magnus 746 gestifteten 
38. Der 
Der Bodensee hat ein volles Recht, 
der König der deutschen Seen genannt 
zu werden, denn er öffnet seine Arme, 
um Deutschland an sein Herz zu drücken. 
Auch der Name „schwäbisches Meer" 
steht ihn: nicht übel an. Dieser herr¬ 
liche See ist das Vermittelungsglied 
zwischen der Schweiz und Deutschland 
und bildet zugleich die Grenze nnd das 
Band zwischen der österreichischen Pro¬ 
vinz Voralberg, Bayern, Württemberg 
und Baden einerseits und den schwei¬ 
zerischen Kantonen St. Gallen und 
Thurgau andererseits. Der See gewährt 
schon hinter Lindau, wo die Eisenbahn 
von Augsburg her mündet, einen anmu- 
thigen und großartigen Anblick. Die 
Schweizerberge scheinen mit ihrem Fuße 
in den blauen Fluthen zu ruhen. Von 
den grünen Vorbergen zu immer höheren 
Alpen aufsteigend, die in blauer Ferne 
mit deni Himmel zusammenfließen, bil¬ 
den sie einen wundervollen Anblick. Dem 
Auge verlängert sich der See unwill¬ 
kürlich bis in die tiefen Thäler der 
Graubündtner Alpenzüge. Die größte 
Fülle und Breite hat aber der See, 
von Friedrichshafen aus gesehen, von 
wo die Eisenbahn über Ulm nach Stutt¬ 
gart führt. Bei Constanz und Bregenz 
rücken dagegen die Ufer mehr zusammen. 
Diese herrliche Wasserfläche hat bei einer 
Breite von 5 Stunden und bei einer 
Tiefe bis zu 900 Fuß eine Größe von 
9^2 □ Meilen (mit Einschluß des Un¬ 
tersees) und eine Länge von 18 Stun¬ 
den. Das läßt sich schon sehen und be¬ 
wundern und der See ist im Stande, 
den vollen Eindruck des Meeres zu 
machen. Diese reich mit Obstgärten, 
Weinhügeln und Ortschaft an Ortschaft 
umzämrten Ufer; diesen prächtigen Ge- 
Benediktiner-Abtei. Im Schlosse zu Füssen 
war es, wo am 22. April 1745 zwischen 
Maria Theresia nnd Max Joseph III. Friede 
geschlossen wurde, kraft dessen letzterer allen 
Erbansprüchen auf Oesterreich entsagte und 
selbst der Wahl Franzens, des Gemahls 
der Maria Theresia, zum deutschen Kaiser 
beizustimmen versprach. 
Bodensee. 
birgskranz von den Allgäuerhöhen über die 
Vorarlberge, die Graubündtner Schnee¬ 
alpen, die Appenzeller Höhen, die lieb¬ 
lichen Höhen des Thurgaues, immer 
höher sich thürmend bis zum 7700 Fuß 
hohen Säntis, zur Seite den „alten 
Mann", den Kamor und hohen Kasten, 
und wie seine Vasallen alle heißen, und 
von da in kleineren Bergzügen fortge¬ 
setzt zu den Basaltkegeln des südlichen 
Badens: — wahrlich, das hat man 
selten am Meere selber. Was daher 
den Bodensee vor den Seen der Schweiz 
auszeichnet, ist, daß er weniger ein Berg- 
und Alpensee ist, als jene, daß er etwas 
entschieden Meerartiges hat, daß er die 
freie, offene Aussicht des Landsees ver¬ 
einigt mit einer prachtvollen Bergscenerie. 
Und wenn dann die Sonne in die 
Fluthen taucht und der See wie ein 
Becken geschmolzenen Goldes sich dar¬ 
stellt, dann mit immer dunkleren Tinten 
sich schmückt, purpurroth und gelb ge¬ 
streift und braun in seltsamer Mischung, 
bis endlich die ruhige, heitere Bläue 
des Himmels im Wasserspiegel wieder 
ihr Gegenbild findet: so ist das ein 
wahrhaft bezaubernder Anblick. Reich 
an entzückenden Fernsichten ist dann be¬ 
sonders die Umgegend von Constanz. 
Die fruchtbaren Auen daselbst erinnern 
schon ganz an italienische Landschaften; 
die Fernsichten auf die Schweizer und 
Tyroler Alpen wie ins Schwabenland 
sind reizend, und die liebliche Insel 
Meinau ist das schönste Bild, das in 
den Rahmen des Bodensees gefaßt ist. 
Von Lindau aus aber betrachtet, ist die 
Berggruppirung um den Obersee am 
großartigsten; man wird von einen: 
Naturbilde überrascht, das mit den schön¬ 
sten des Genfersees wetteifern kann.
	        
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