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hinaus locken mußte. Nicht bloß segelten sie nicht nach dem Mittel¬
meer, selbst die Fischerei an den englischen Küsten betrieben in der
Hauptsache die Deutschen, Holländer und Portugiesen. So war Eng¬
land bis rund 1500 auch hinsichtlich der Schiffahrt noch ganz in den
Kinderschuhen und die deutsche Hanse stempelte die Nordsee zu einem
wirklich „deutschen Meer".
4. Der Aufschwung Englands von 1500—1650.
Bei dieser Sachlage ist es kein Wunder, daß die Engländer im
ersten Abschnitt der Entdeckungen keine hervorragende Rolle spielen
konnten. Doch war für sie sehr günstig, daß sie vor 1500 durch die
Tudors national geeint wurden und nun mit größrer Tatkraft auf¬
treten konnten. 1496 schloß England mit den Niederlanden einen
Handelsvertrag, kraft dessen beide Völker sich volle gegenseitige Verkehrs¬
freiheit zugestanden. Hiermit zeigte England, daß es gesonnen war,
nunmehr als gleichberechtigte Nation aufzutreten. Der Ruhm des Ko¬
lumbus veranlaßte auch dm englischen König, den kühnen venezischen
Seemann Kabot (Gabotto) nach der nordamerikanischen Ostküste aus¬
zusenden und für England alle neuentdeckten Länder in Besitz zu nehmen.
Zwar hatte diese erste Fahrt nur geringen Erfolg, doch bewies Eng¬
land dadurch, daß es willens war, nun auch seine Herrschaft auf über¬
seeische Gebiete auszudehnen. Die Zeit der rein" binnenstaatlichen,
europäischen Politik war für England um 1500, mit dem Aus gang des
Mittelalters, zu Ende. Mit dem Morgenrot der Neuzeit wagte es sich
zum ersten Male auf die See, allerdings auf fremden Schiffen, die von
fremden Kapitänen geführt wurden. Doch sollte auch das bald anders
werden. Kabot hatte als erster Europäer das uordamerikauische Fest¬
land wieder gesehen, das etwa 500 Jahre vorher bereits die norman¬
nischen Wikinger entdeckt hatten. Er fand Neufundland, die Küsten
von Labrador, Neuschottland und der Union bis herab nach Nord¬
karolina. 20 Jahre später (1517) gelaugte er sogar bis zur Hudsons¬
bai. So machten dann die Engländer mit Recht Ansprüche auf die
nordöstlichen Gebiete Nordamerikas geltend.
Seit einiger Zeit hatten die Engländer sich auch au der Fischerei
in den isländischen Gewässern beteiligt und so sich Kenntnisse in den
nordischen Gebieten erworben. Während nun die Portugiesen durch
Fahrten nach Süden Ostindien erreichten, suchten die Engländer durch
Fahrten nach Norden, gleichfalls nach dem gewürzreichen Wunderlande
zu gelangen. 1553 umfuhren daher englische Schiffer das Nordkap
und kamen bis zn dem russischen Hafen Archangel. Dies war unge¬
mein wichtig; denn nun knüpften die Engländer einen unmittelbaren,
eignen Verkehr mit Rußland an und holten selbst die begehrten russischen
Waren, Pelzwerk usw. Dadurch erlitten die Hansen und Holländer-
große Einbußen, denn bis dahin waren sie die Verfrachter all dieser
Güter gewesen. So hatte sich die englische Schiffahrt in diesem ersten