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Sprache mit dem persischen Dialekt der Chi wer andeutet, dass die Deutschen aus
dem Lande Chiwa in der Tartarei stammen. Vermutlich waren die Chiwer ein
kriegerisches Volk, das über die kaukasische Landenge nach Skandinavien und Deutsch¬
land wanderte. Die Namen Germanen (Kriegsmänner) und Deutsche oder
Teutsche (von dem Gott Tuisto oder Teut) sind später entstanden. Die
Deutschen zerfielen in mehrere Stämme: die Cimbern, Teutonen, Friesen, Sachsen,
Angeln, Gothen, Longobarden, Sueven, Chatten, Cherusker, Markomannen, Van¬
dalen, Burgunder. Die Stämme vereinigten sich zu kleinen Völkerschaften, die
nicht in Städten, sondern in Dörfern wohnten. Ihre Hauptbeschäftigungen waren
Jagd und Krieg, ihre Haupttugenden Gastfreiheit, Treue und Redlichkeit, Vater¬
landsliebe, Heilighaltung der Ehe; ihre Untugenden Hang zum Trunk, Spiel- und
Streitsucht. — Die älteste Verfassung der Germanen war eine demokratische.
In den Volksversammlungen, wo Uber Krieg und Frieden verhandelt, Gesetze ge¬
geben und wichtige Rechtsfälle entschieden wurden, hatte jeder eine Stimme. Doch
gab es zwei Oberhäupter: Fürsten (die Vordersten) im Frieden und Herzöge
(die vor dem Heere herzogen) im Kriege, deren Mackt jedoch beschränkt war. In
dem Volke unterschied man vier Stände: die Edlen (später der hohe Adel), aus
den Nachkommen der Fürsten und ausgezeichneter Männer bestehend. Aus ihrer
Mitte wurden die Oberhäupter des Volkes gewählt. Die Freien (später der
niedere Adel), bildeten den Kern des Volkes und hatten mit dem hohen Adel
gleiche Rechte. Sie thaten mit ihm die Kriegsdienste. Die Freigelassenen
rvaren von den Volksversammlungen und vom Kriegsdienste ausgeschlossen und
trieben Ackerbau und Gewerbe. Die Leibeigenen, Kriegsgefangene und deren
Nachkommen, standen im Dienste der übrigen und mussten gegen ein Stück Land,
Las sie erblich besaßen, gewisse Abgaben entrichten.
§. 76. Die Deutschen bis nach Hermann. Schon früh finden
wir bei den Deutschen den Hang zu Wanderungen. Von den ältesten dieser
Wanderungen wissen wir nichts. Die ersten uns bekannter gewordenen Züge dieser
Art sind die der Cimbern und Teutonen. Wir erwähnten schon in der
römischen Geschichte §. 54 der ersten Kämpfe dieses Volkes mit den Römern. Nach
einigen Niederlagen, welche sie erlitten, siegten sie in Verbindung mit helvezischen
und gallischen Völkerschaften, den Ti gurin er n und Ambronen, acht Jahre
hinter einander über römische Heere in Gallien. Ganz Italien zitterte vor diesem
Volke (cimbrischer Schreck). Da trat unter den Römern Marius auf, welcher
den Teutonen bei Aix in der Provence (102) und den Cimbern bei Vercellä
(101) furchtbare Schlachten lieferte. Die Waffen ruhten nun 40 Äahre lang,
bis Ariovist, Fürst der Markomannen und Sueven, neue Kämpfe veranlasste.
Er war nämlich von den Sequanern, einem gallischen Volke, gegen andere
Gallier, die Äduer, zuhilse gerufen worden, hatte diese besiegt und von einem
Theile Galliens so lange Besitz genommen, bis Cäsar am Juragebirge heraus¬
rückte und ihn nach Deutschland zurücktrieb. Dann griff Cäsar die Deutschen sogar
in ihrem eigenen Lande an, schlug zu Koblenz und Bonn Brücken über den Rhein
und verfolgte die in ihre Wälder sich Zurückziehenden. Die Unterjochung des
tapferen Volkes war ihm nicht möglich; aber es gelang ihm, deutsche Jünglinge