Full text: Lebensbilder und Sagen (Teil 1)

III. Deutsche Sagen. 
1» Göttersagen. 
(Riesen.) Die alten Germanen glaubten, daß bie Götter bie 
Welt aus bem Leichnam eines Riesen gebilbet hatten, ber ans bem Eise 
hervorgewachsen war und 2)mir hieß. Aus seinem Blute schufen sie 
Meer unb Wasser, aus bem Fleische bie Erbe, aus ben Knochen bie 
Gebirge, aus ben Zähnen bie Steine, aus ber Hirnschale bas Himmels¬ 
gewölbe unb aus bem Gehirn bie Wolken. An bie vier Ecken bes 
Himmels setzten sie als Wächter vier Zwerge: Norbri, Anstri, 
Snbri, Westri. Die Erbe glich einer Scheibe, unb war rings von 
bem Weltmeer umgeben. 
Als Imir erschlagen würbe, rann bas Blut aus seinen Wunben, 
unb alle Riesen ertranken barin. Nur einer konnte mit seinem Weibe 
eines Schiffes habhaft werben; sie fuhren über bas Meer unb bauten 
sich an ber fernen Küste Wohnungen. Von ihnen stammt ein neues 
Niesengeschlecht ab. Um aber bie Erbe unb ihre Bewohner vor ben 
Angriffen ber Riefen zu schützen, schufen bie Götter aus Amirs Augen¬ 
brauen eine Burg unb nannten sie Mibgarb. Da hatte bas Menschen¬ 
geschlecht seinen Wohnsitz. 
Unter ben Riefentöchtern war eine ganz besonbers bunkel unb 
häßlich. Sie hieß Nacht. Sie vermählte sich mit einem Manne aus 
bem Göttergeschlecht. Ihr Sohn war Tag, ein glänzenber, schöner 
Knabe. Die Götter setzten Nacht unb Tag an bas Himmelsgewölbe, 
schenkten ihnen zwei Wagen unb zwei Rosse unb befahlen ihnen, bamit 
um bie Erbe zu fahren, jebesmal in zwölf Stnnben. Die Nacht fährt 
mit ihrem fchänmenben Rosse voran, von seinem Gebiß träufelt ber 
Tau in bie Gefilbe hinab. Tag folgt ihr; von ber Mährte seines 
Rosses geht ber Glanz ans, ber Luft unb Erbe erleuchtet. 
(Elben und Zwerge.) In ber Luft wohnen helle unb schöne 
Wesen, bie ben Göttern unb ben Menschen freunblich sirtb: bie Elben 
ober Elsen. Im Innern ber Erbe Hausen bie Zwerge, klein unb
	        
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