Menschen. Um so schwerer lastete der Druck auf allen Gemütern,
den die Nachricht von einer schweren Erkrankung des vielgeliebten
Fürsten hervorrief. Unter dem milden Himmel Italiens suchte er ver¬
geblich Heilung. Während er sich in San Remo aufhielt, starb Kaiser-
Wilhelm: mm war sein totkranker Sohn Kaiser und König. Es war
ein trauriger Einzug, den Kaiser Friedrich in sein Reich hielt. Er¬
nährn seine Wohnung zunächst in Charlottenburg, dann im Neuen Palais.
Nur zweimal hat er die Hauptstadt besucht. Er hatte noch die Freude,
der Vermählung seines Sohnes, des Prinzen Heinrich, mit der Prin¬
zessin Irene von Hessen beiwohnen zu können. Als der Prinz von dem
Vater Abschied nahm, reichte ihm dieser — schon vermochte er nicht
mehr zu sprechen, ein Blatt, auf das er die Worte geschrieben: „Lerne
leiden, ohne zu klagen — das ist das Einzige, was ich dich lehren
kann." Am 15. Juni verschied er; in der Friedenskirche zu Potsdam
hat er sein Grab gesunden.
4. Kaiserin Friedrich Wrctoria).
Die hohe Frau, die, zum Throne geboren, das herbste Leid er¬
fahren sollte, ist die Tochter der Königin Victoria von England und
eines deutschen Fürsten, des Prinzen Albert von Sachsen-Kobnrg. In
England dars auch eine Prinzessin, wenn sie keinen Bruder hat, dem
Vater in der Regierung folgen; ihr Gemahl heißt dann nicht König,
sondern Prinz-Gemahl. Prinz Albert hatte eine große Ausstellung
in London veranstaltet. Unter den zahlreichen Gästen, die sich bei
dieser Gelegenheit am englischen Hofe einfanden, waren auch Prinz
Wilhelm von Preußen und sein Sohn. Dieser lernte die anmutige
und kluge Prinzessin kennen und führte sie 1858 als seine Gemahlin
heim. In Berlin erregte es Aufsehen, daß die englische Königstochter
sich wie eine sorgsame Hausfrau um alle Zweige des Haushalts
kümmerte; bald aber ahmte man ihrem Beispiel nach und achtete mehr
als zuvor auf Pflege des Körpers durch regelmäßige Bewegungen,
gute Luft in den Wohn- uud Schlafzimmern, Aufenthalt im Freien
u. dgl. Im Tiergarten bei Berlin wurden auf Veranlassung der
Prinzessin Spielplätze für Kinder angelegt; die Schulen unternahmen
Ausflüge, arme Schüler wurden während der Ferien an die See oder
iix das Gebirge geschickt. Zahlreich sind besonders die Einrichtungen,
die sie für beffere und gediegenere Unterweisung des weiblichen Ge¬
schlechts getroffen. Selbst ausübende Künstlerin, förderte die Prinzefsiu
die Kunst in unserem Vaterlande in Gemeinschaft mit ihrem Gemahl,
dem Beschützer unserer Museen. In den schweren Tagen von San Remo