Full text: Lebensbilder und Sagen (Teil 1)

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Glaubenserneuerung ober Reformation, indem er gegen die päpstliche 
Lehre vom Ablaß schrieb unb prebigte. Seine Schüler unb Anhänger 
kamen von Sachsen nach Branbenbnrg herüber unb gewannen ber 
neuen Lehre viele Anhänger. Gern lauschten bie ruhigen unb ver- 
stänbigen Märker ihren Worten, mit Frenben lasen sie in ber Bibel, 
bie Luther in bie beut)che Sprache übersetzt hatte. Die Kirchen in ber 
Mark würben baher immer weniger besucht, unb Gelbspenben unb 
Vermächtnisse blieben ans. Es war kein Zweifel, baß bie Bewohner 
ber Mark bie Einführung ber neuen Lehre sehnlich herbeiwünschten. 
Aber Joachim war ihr nicht geneigt. Denn einmal war es ihm zn- 
wtber, baß eine so wichtige Neuerung von einem gewöhnlichen Mönch 
ausgehen sollte; nach seiner Meinung wären nur bie Fürsten, welt¬ 
liche unb geistliche, bazu berufen gewesen: bann aber war sein Brnber, 
der Karbinal Albrecht, Erzbischof von Mainz unb Magbebnrg, ber 
vornehmste geistliche Fürst bes beutschen Reiches, gerabe derjenige, ber 
ben Ablaßhanbel begünstigte unb verbreitete. Bald machte sich bie 
Kirchenspaltung in ganz Deutschlanb bemerkbar, viele Fürsten unb 
Stäbte fielen berrt neuert Glauben zu, anbere, besonbers bie Familie 
ber Habsburger, hielten an ber alten Lehre fest. Auch Joachim konnte 
sich nicht entschließen lutherisch zu werben, obgleich ihm die Gesinnung 
seiner Unterthanen nicht verborgen blieb. In allen Ständen gärte 
es. Bauern und Bürger, selbst Edelleute sagten sich vom Papste los, 
ja bis in die kurfürstliche Familie drang der verderbliche Zwiespalt. 
(Die Kurfürstin Elisabeth.) Joachims Gemahlin war Elisabeth, 
die Schwester König Christians II. von Dänemark, der die Reformation 
in sein Land einführte und später, von seinen Unterthanen vertrieben, 
in kümmerlichen Verhältnissen zu Torgau lebte. Schon frühzeitig 
mit Luthers Lehre besannt, war Elisabeth auch als Kurfürstin eine 
treue Anhängerin der Reformation unb machte sie auch ihren Kinbern 
lieb unb vertraut. Joachim aber haßte sie beswegen unb warb „ihr 
ganz gefähr unb feinb um bes Wortes Gottes willen." Als er nun 
erfuhr, baß sie sich sogar von einem Wittenberger Geistlichen das 
Abendmahl in beiberlei Gestalt hatte reichen lassen, wollte er bie Ehe 
trennen und bie Kurfürstin als eine Ketzerin hinrichten lassen. Aber 
ein von ihm eingesetztes Gericht sanb sie so harter Strafe nicht schulbig 
und riet dem Kurfürsten, seine Gemahlin auf ein entlegenes Schloß 
zu verweisen. Um biesem Schicksal zu entgehen, knüpfte Elisabeth 
Unterhandlungen mit bem Kurfürsten Johann von Sachsen an, ber 
gern bereit war sie zu schützen unb bei sich aufzunehmen. Als nun 
Joachim im März 1528 in Brannfchweig weilte, benutzte sie seine
	        
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