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bedeutend — stand auch in der Stanfenzeit in hoher Ehre. Sie lebte
in der Stille des Hauses; die Mutter leitete die Töchter zum Webeu
und zum Zuschneiden und Nähen der Gewänder, auch zur Verwaltung
der häuslichen Geschäfte an. Zuweilen wurden die jungen Mädchen
auch im Kloster erzogen, oder der Burggeistliche unterrichtete die Töchter
des Herrn im Lesen, Schreiben, Gesang und Saitenspiel, vielleicht auch
in Latein und Französisch. Daher besaß die Ritterfrau oft Kenntnisse,
die ihrem Gatten fremd, vielleicht verächtlich waren. Nur bei festlichen
Gelegenheiten kamen die Frauen in die Gesellschaft der Männer: sie
schauten den Turnieren zu oder vereinigten sich mit den Herren
(„Knaben") um auf blumiger Wiese einen Reigen zu tanzen oder im
Saale einen Tanz zu treten. Durch Frömmigkeit, Entsagung und
Wohlthätigkeit sind die heilige Hedwig, des Herzogs von Meran Tochter,
die Gemahlin Herzog Heinrichs von Schlesien, und die heilige Elisabeth,
die Landgräfin von Thüringen, berühmt geworden.
(Die Burg.) Das Wort Burg hängt mit bergen zusammen:
die Burg dient mithin zum Schutz gegcu feindliche Angriffe. Dem¬
gemäß war sie an unzugänglichen Stellen angelegt, aus schroffem Fels
oder in sumpfiger, von Flußarmen umzogener Niederung. Die jähen
Abhänge des Berges oder auch Wall und Graben schlossen sie von
der Außenwelt ab, der einzige Eingang war nur schwer zu erreichen.
Ein schmaler, zuweilen durch Fallgitter zu sperrender Thorweg führte
zur Zugbrücke und zum Burgthor, dieses wieder auf den Burghof,
der mit einer oder mehreren Mauern umgeben war. Ihr oberster
Rand (die Zinne) war in regelmäßigen Zwischenräumen durchbrochen,
so daß die Verteidiger, selbst gedeckt, Geschosse auf die Feinde schleudern
konnten. Zu gleichem Zweck sprangen aus der Mauer Erker heraus;
überragt wurde sie von den Türmen, von denen aus ein Widerstand
noch möglich war, wenn der Feind schon die Mauer erstiegen hatte.
Auf dem Burghof ragte der höchste und festeste Turnt der ganzen
Anlage, der Bergfried, empor; in ihm lag das Burgverließ. Ferner
erhob sich auf dem Hofe das Wohnhaus des Burgherrn, der Palas.
Sein im ersten Stockwerk gelegener Hauptraum war der Saal, in
dem Feste gefeiert, Fremde bewirtet wurden. Ihm vorgelagert war
eine offene Gallerie (Laube), auf einer Freitreppe stieg mein zu ihr
hinauf; darunter lag die Küche. Die Dicke der Mauern zeigte sich
an den Fensteröffnungen: es ergab sich hier eine nischenartige Ver¬
tiefung, die zuweilen mit Bänken ausgestattet war. Die Fenster ent¬
behrten oft des Glases; sie wurden dann im Winter durch Holzladen
verschlossen. Erwärmt wurde dieser Raum durch den gewaltigen