Full text: Geschichte des Altertums, des Mittelalters und der beginnenden Neuzeit (Teil 2)

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ihm allein zu danken sei. Die Schulden des Volkes wurden erlassen, 
die in Knechtschaft schmachtenden Schuldner befreit; ferner räumte 
man dem Volke das Recht ein, jährlich zwei Tribunen zu erwählen, 
die, heilig und unverletzlich, Anwälte des Volkes gegen Übergriffe sein 
und durch ihren Einspruch (Veto) ihm nachteilige Beschlüsse des Senats 
hindern sollten. Später wurde ihre Zahl auf fünf, dann auf zehn 
vermehrt. Sie erhielten auch die Befugnis, die Plebejer zu Versamm¬ 
lungen (Tribntkomitien) zu berufen, die nach jener alten Einteilung 
in Anshebnngsbezirke zusammentraten. In solchen Komitien wurden 
auch die Tribunen erwählt. 
(Reaktion des Coriolan.) Dieses Zugeständnis kränkte die 
Patrizier tief. Als eine Hungersnot ausbrach, wollte ein tapferer 
und angesehener Bürger, Marcius, den man wegen seines Sieges über 
die Stadt Corioli mit dem Beinamen Coriolan ehrte, den Darbenden 
nur dann auf Staatskosten Getreide liefern, wenn das Volk auf das 
Tribunal verzichtete. Die Plebejer klagten ihn deshalb an und be¬ 
wirkten seine Verbannung. Er begab sich zu den Volskern, einem 
Volke im mittleren Latium, und führte mit ihrer Hilfe Krieg gegen 
seine Vaterstadt. Seine Mutter und seine Gattin flehten ihn an, das 
Heer zurückzuführen; ihre Thränen siegten. „O Mutter," rief er aus, 
„du hast Rom gerettet, aber ich bin verloren." Er zog sich zurück, 
aber die erbitterten Volsker erschlugen ihn. 
(Das Zwölftafelgesetz.) Unumschränkt richtete der patrizische 
Beamte deu Plebejer, da ein geschriebenes Gesetz nicht bestand. Auf 
den Vorschlag des Tribunen Terentilins Harsa wurde trotz heftiger 
Gegenwehr der Patrizier eine Kommission von zehn Männern (Dezemvirn) 
erwählt, um Gesetze aufzuzeichnen. Man gab ihnen die den Konsuln 
zustehenden Befugnisse, auch unterblieb während ihrer Amtsführung 
die Wahl der Tribunen. Die im ersten Jahre niedergeschriebenen 
Gesetze wurden vom Volke gebilligt und in zehn eherne Tafeln ein¬ 
gegraben, zu denen später noch zwei andere kamen. Im zweiten Jahre 
wußte einer dieser Männer, der stolze Patrizier App ins Claudius, die 
Wahl auf ihm treu ergebene Bürger zu leukeu und begann nun eiue 
schrankenlose Willkürherrschaft. Ohne das Volk zu frageu, verlängerten 
die Dezemvirn ihre Thätigkeit bis in das dritte Jahr. Als Appius 
die juuge Virginia, des Plebejers Virginias Tochter, einem seiner 
Klienten, der sie als seine Sklavin in Anspruch nahm, vor Gericht 
zusprach, eilte der Vater aus dem Lager herbei und tötete sein Kind, 
um es der Schmach der Sklaverei zu entreißen, vor aller Augen auf 
dem Forum. Das war das Zeichen zum Aufruhr. Abermals zog
	        
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