Full text: Geschichte der Neuzeit (Teil 3)

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zwang, jenen Reformplänen zu entsagen, änderte auch Friedrich Wil¬ 
helm seine Meinung und besetzte polnisches Grenzgebiet. Ostreich, 
mit Frankreich in Krieg verwickelt, konnte die Patrioten nicht unter¬ 
stützen und ebensowenig hindern, daß Rußland abermals einen be¬ 
trächtlichen Teil Polens, nämlich Litauen, an sich riß, Preußen die 
Städte Danzig und Thorn mit Westpreußen und einen erheblichen 
Teil Großpolens — Posen, Gnesen, Jnowrazlaw, Kalisch — als 
Südpreußen vereinigte — ein Zuwachs von 60000 qkm mit einer 
Million Einwohner. 
3. Die dritte Teilung Polens 1795. Eine allgemeine Em¬ 
pörung der Polen unter Koscinszko richtete sich besonders gegen die 
noch im Lande weilenden russischen Truppen; die Besatzung Warschaus 
wurde niedergemetzelt.- Aber die Übermacht der Russen verlieh ihnen 
den Sieg; Poniatowski mußte die Krone niederlegen, der Rest des 
Landes wurde unter die drei Nachbarstaaten geteilt. Preußen erhielt 
ein kleines Gebiet am Oberlauf der Warthe (Neuschlesien) und 
einen Ostpreußen umschließenden, umfangreichen Streifen zwischen 
Weichsel und Niemen (Neuostpreußen), zusammen 44 000 qkm 
mit 3/4 Millionen Einwohner. 
(Die französische Revolution.) Ihre Ursachen. Verschiedene 
Umstände vereinigten sich, um in Frankreich eine völlige Umwälzung 
der Verhältnisse herbeizuführen. Durch Ludwig XV., der sich um 
Staatsgeschäfte nicht kümmerte, die Steuern seiner Unterthanen ver¬ 
praßte und das Land wirtschaftlich ruinierte, deffen unglücklicher Krieg 
mit England die Franzosen ihrer amerikanischen Kolonien beraubte, 
hatte das Königtum sein Ansehen verloren, und Ludwig XVI. war 
nicht der Mann, der es wieder herstellte. Es gab etwa 15 000 Hof¬ 
beamte, die jährlich 40 bis 50 Millionen Livres kosteten; schon 1751 
beliefen sich die Ausgaben für den königlichen Hofhalt anf 68 Mil¬ 
lionen, d. h. auf ein Viertel der Staatseinnahmen. Diese Einkünfte 
waren ein Privatpersonen oder Gesellschaften verpachtet, die sie mit 
großer Strenge von den Steuerpflichtigen eintrieben. Die Edelleute, 
die Geistlichkeit (les ordres privilegies), zum Teil auch die Bürger 
waren von Abgaben fast gänzlich befreit; die Produzenten allein, also 
vornehmlich die Bauern, trugen die Lasteu für deu Staat. An den 
Bauer erhob aber auch der Gutsherr und der Geistliche Ansprüche: 
Vi4 des Ertrags eines Bauerguts gingen an den Staat, 2/14 an den 
Gutsherrn, 2/u an die Kirche: kein Wunder, wenn der Bauer Acker 
und Garten, in dem das Wild ungestraft Hausen durfte, unbestellt 
ließ, den Weinberg vernachlässigte, um die Ertragsstener nicht zahlen
	        
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