Full text: Geschichte der Neuzeit (Teil 3)

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alle Reichsfürsten wie Schubejacks, was ich gewiß nicht verdient habe." 
Bald erfuhr er, daß sich der Kaiser mit Frankreich geeinigt hatt e 
Jülich und Berg dem Pfalzgrafen von Sulzbach zu überlassen. Da 
rief er, von Östreichs schnödem Undank endlich überzeugt, aus den 
Kronprinzen deutend, die Worte aus: „Da steht einer, der mich 
rächen wird" (1739). 
(Familienleben.) Auch in der eigenen Familie herrschte der 
König despotisch, auch hier erwies sich seine Abhängigkeit von Östreich 
verderblich. Der Kronprinz Friedrich, geb. 24. Januar 1712, folgte 
mehr der Art der geistvollen Mutter als des harten Vaters und war 
daher, gleich seiner älteren Schwester Wilhelmine, der Königin von 
ganzem Herzen zugethan und von Furcht vor dem König erfüllt. 
Von Franzosen, der Frau von Roeonlles, dann von Dnhan de Jour-- 
dain, erzogen, war Friedrich für französische Dichtung und Philoso¬ 
phie, für Musik und Lektüre mehr eingenommen, als für die Soldaten- 
fpielerei des Vaters und für feine eintönigen religiösen Übungen. 
Freilich ist der junge Prinz vom Leichtsinn nicht frei zu sprechen; 
er machte Schulden, um Bücher und kostbare Kleider, auch wohl am 
Hose verpönte Leckerbissen zu erwerben. Es kam zu erregten Scenen 
zwischen Vater und Sohn: der König überschüttete dann den Prinzen 
mit Scheltworten und ließ sich sogar zu körperlichen Züchtigungen 
hinreißen. Dazu kam, daß Wilhelmine und Friedrich dem Plane der 
Mutter unbedingt zustimmten, durch eine Heirat mit dem englischen 
Königshause in neue, nahe Verbindung zu treten, daß aber der König 
unter dem Einfluß der Agenten Östreichs, das eine für Preußen so 
vorteilhafte Verbindung nicht zulassen wollte, diesem Plane energisch 
entgegentrat. Unheilbar wurde der Bruch, als Friedrich auf einer 
Reise, die er in Begleitung des Vaters durch Südderttschland machte, 
nach England zu entfliehen suchte. Die Flucht mißlang, der erzürnte 
König sah in ihr die Desertion eines Offiziers und verfuhr nach dieser 
Meinung: Friedrich wurde vor ein Kriegsgericht gestellt, dann als 
Staatsgefangener nach Küftrin gebracht (1730). Ilm sein Herz zu 
„zerknirschen und zu erweichen" ließ er ihn hart behandeln. Er wurde 
gezwungen, Augenzeuge der Hinrichtung des Lieutenants von Katte 
zu sein, der um die Flucht gewußt hatte. Dann trat Friedrich als 
♦ jüngster Rat in die Kriegs- und Domänenkammer zu Küftrin ein, um 
mit der Verwaltung einer Preußischen Provinz bekannt zu werden. 
~n seine Vorgesetzten dem Könige stets günstige Berichte über den 
Prinzen sandten, beurteilte ihn Friedrich Wilhelm allmählich freund- 
licher, unb als Friedrich auf die englische Heirat verzichtete und eine
	        
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