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Lebensbilder aus der vaterländischen Geschichte 
Landes. $ünf bis sechs Stunöeri Schlaf genügten ihm vollkommen, und 
so begann er im Sommer um 3 Uhr, im Vinter um 4 Uhr morgens sein 
^gewerk,- die Kammerdiener hatten strengen Befehl, ihn nicht länger 
schlafen zu lassen. Der König hielt fein töort: „Ich bin der erste Diener 
des Staates." Wie fein Dater kümmerte er sich um alles und jedes 
und hatte fein roachfames Auge überall. Zür das Dolk mar er in den 
legten Jahren nur wenig fichtbar; wenn er aber von der Zrühlingsparade 
vor den Toren Berlins zurückkehrte, dann mar die Wilhelmstraße gedrückt 
voll IHenfchen, alle $enfter voll, alle Häupter entblößt. Und doch war 
nichts geschehen, so berichtet ein Augenzeuge, „nur ein 73 jähriger ZTZann, 
fchlechtgekleidet, staubbedeckt, kehrte von feinem mühsamen Tagewerk 
zurück. Aber jedermann wußte, daß dieser Alte auch für ihn arbeite, daß 
er fein ganzes Leben an diese Arbeit geseht und sie seit 45 Jahren noch 
nicht einen Tag versäumt.hatte." Bei dem schleichen herbftmanöver 
des Jahres 1785 faß der greife König 6 Stunden lang fiebernd und fröstelnd 
im strömenden Hegen zu Pferde, hier holte er sich den Keim zu feiner 
Todeskrankheit. Wassersucht stellte sich ein. In quälenden Schmerzen, 
die kein Arzt lindern konnte, verbrachte er den Winter. Im Januar 1786 
starb Mieten. Als der König feinen Tod erfuhr, äußerte er: „Unser alter 
3ieten hat fich auch bei feinem Tode noch als General gezeigt. Im Kriege 
befehligte er immer die Dorhut, auch mit dem Tode hat er den Anfang 
gemacht. Ich führte die Hauptarmee, ich werde ihm folgen." 
£sSgfo£ Kiedrich fühlte, daß feine Tage gezählt waren. Seine Spannkraft blieb 
Königs ungebrochen. Die Kabinettsräte, die er in gefunden Tagen um 6 Uhr 
morgens zu fich zu bestellen pflegte, wurden jetzt um 4 Uhr zu ihm be¬ 
rufen. Diese ihnen unbequeme Neuerung kündigte er den Räten mit 
folgenden Worten an: „Mein Zustand nötigt mich, Ihnen diese Blühe 
zu machen, die für Sie nicht lange dauern wird. Mein Leben ist auf der 
neige; die Zeit, die ich noch habe, muß ich benutzen. Sie gehört nicht mir, 
fondern dem Staate." Und fo hielt er es bis zum letzten Augenblick. Noch 
am 15. August erledigte er mit feinem Kabinettsfekretär die gewohnte 
Arbeit. Als er aber am nächsten Tage die Losung ausgeben wollte, ver¬ 
sagte ihm die Stimme. Der Tag verging, und zu Beginn der Nacht gab 
der König den Befehl, ihn um 4 Uhr zu wecken. Dann nahm ihm ein Husten¬ 
anfall die Luft. Sein Kammerdiener faßte ihn unter die Arme, um ihm 
(Erleichterung zu verschaffen, und Friedrich äußerte: „Der Berg ist über¬ 
schritten. Es wird besser." (Es waren feine letzten Worte. 20 Minuten 
nach 2 Uhr am 17. August 1786 neigte er in den Armen feines Kammer 
dieners das Haupt zum letzten Schlummer. 
§ 10. Friedrich Wilhelm III. Dem glänzenden Aufschwung Preußens 
unter Friedrich dem Großen folgte bald ein jäher Niedergang. In feinen 
Grundfesten wurde der Staat Friedrichs erschüttert, als Napoleon, der
	        
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