Odysseus
I. Unter allen Helden, die vor Troja gekämpft hatten, war
keinem so widriges Geschick beschieden, bevor er in seine Heimat
zurückkehrte, wie dem klugen Helden Odysseus.
Als er mit zwölf wohlbemannten Schissen von der Küste von
Troja absegelte, trieb ihn der Wind zuerst nach Jsmaros, der Stadt
der Cikonen. Dieselbe eroberte und zerstörte er, und reiche Beute
ward unter die Genossen verteilt. Statt aber nach Odysseus Rate
alsbald weiter zu segeln, schwelgten die Genossen in dem trefflichen
Weine, den sie in der Stadt gefunden. Unterdessen hatten die Be¬
wohner der Stadt die in der Nähe wohnenden Cikonen herbeigernfen,
die tapfer und stark waren, und es kam zu einem hartnäckigen
Kampfe, der vom Morgen bis zum Abend währte. Jedes der
griechischen Schiffe verlor in diesem Kampfe sechs seiner Helden,
und eilig segelten die noch lebenden von dannen, trauernd, daß sie
ihre Gefährten unbegraben mußten liegen lassen.
Nun aber erhob sich ein Sturm, dichte Wolken umhüllten
Erde und Meer, und zehn Tage lang wurden die Schiffe auf dem
Meere umhergetrieben. Am zehnten Tage gelangten sie zu dem
Lande der Lotophagen, die sich von der Lotospflanze nährten. Als
die Griechen ans Land gestiegen waren und sich nach der stürmischen
Seereise mit Speise und Trank wieder gekräftigt hatten, sandte
Odysseus einige seiner Freunde in Begleitung eines Herolds aus,
die Beschaffenheit des Landes zu erkunden. Die Lotophagen waren
den Fremdlingen freundlich gesinnt und gaben ihnen von der Lotos¬
frucht zu kosten. Wer aber diese gekostet, der mochte nie wieder
etwas anderes essen, und so mußte denn Odysseus die ausgesandten
Freunde mit Gewalt zu den Schiffen zurückbringen und sie mit
Seilen festbinden. Die übrigen Gefährten aber trieb er, eilend
weiter zu segeln, damit sie nicht auch, von dem Lotos verführt, der
Heimat vergäßen.
Von da gelangten die Griechen nach dem Lande der wilden
Cyklopen. Das waren Riesen, die weder Gesetz noch Ordnung
kannten, und bei denen das Volk sich nicht zu gemeinsamer Be-