Derckalion und pyrrha. 
Die Übel, die der Göttervater Zeus den Menschen geschickt 
hatte, waren nicht die schlimmsten, von denen sie betroffen wurden. 
Größeres Übel bereiteten sie sich selbst. Die Sucht nach Reichtum, 
das Verlangen nach Schätzen brachten Haß und verderbliche Zwie¬ 
tracht unter das Menschengeschlecht. Das früher so friedliche Eisen 
verwandelte sich in eine fürchterliche Waffe, und blutige Kriege 
waren überall. Der Freund war vor dem Freunde, der Vater vor 
dem Sohne nicht sicher. Zu Boden lag die Scheu vor den Göttern, 
und tief erzürnt verließen diese die Erde, um nicht mehr mit den 
Menschen Umgang zu pflegen, sondern allein auf den sonnigen 
Höhen des Olymp zu leben. 
Fürchterliches berichtete der Götterbote Hermes von den Fre¬ 
veln, die er unter den Menschen geschaut hatte. Da beschloß Zeus, 
sich selbst zu überzeugen und in menschlicher Gestalt auf der Erde 
zu wandeln. Aber allenthalben fand er, daß die Frevel wohl noch 
größer waren, als das Gerücht sie bezeichnet hatte. Eines Abends 
kam Zeus zu dem Palaste des Königs Lykaon in Arkadien, der 
durch seine Wildheit und Grausamkeit besonders berüchtigt war, 
und bat um ein Obdach. Dasselbe wurde ihm gewährt, und alsbald 
ließ Zeus an einigen Wunderzeichen, die er that, merken, daß ein 
Gott in dem Hause eingekehrt war. Da fiel das Volk auf die 
Kniee und betete an. Lykaon aber spottete des Volkes und sprach: 
„Laßt sehen, ob ein Gott oder ein Sterblicher zu uns gekommen 
ist!" und in seinem Herzen beschloß er, in frevelhafter Weise die 
Göttlichkeit des Gastes zu erproben, dann aber denselben, wenn er 
schliefe, zu ermorden. Deshalb ließ der König einen Geisel, den 
das Volk der Molosser ihm gesandt hatte, schlachten und Stücke 
desselben am Feuer braten, um sie dann dem Gaste beim Nacht¬ 
mahle vorzusetzen. 
Zeus aber wußte alles, und als man ihm das entsetzliche Mahl 
auftrug, fuhr er erzürnt empor, verließ das Haus und schleuderte 
seine Blitze auf die Königsburg, daß sie rings in hellen Flammen 
stand. Da floh auch Lykaon bestürzt aus derselben und erhob ein 
Wehgeschrei. Das Wehgeschrei aber ward zu einem entsetzlichen
	        
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