Der trojanische Krieg.
I. Priamus, der König von Troja, der einst durch seine
Schwester Hesione aus der Gewalt des Herkules losgekauft worden
war, bekam von seiner Gemahlin Hekuba einen Sohn, den er Hektar
nannte, und bald darnach einen zweiten, Paris mit Namen. Die
Königin Hekuba hatte aber kurz vor der Geburt des Paris einen
erschreckenden Traum; sie träumte, sie habe eine Fackel in der Hand,
von welcher die ganze Stadt Troja in Brand gesetzt und in Asche
gelegt würde. Ein Wahrsager hatte den Traum dahin gedeutet,
daß der neugeborne Sohn Paris der Stadt Troja zum Verderben
gereichen und ihr den Untergang bereiten werde.
Darum beschlossen die Eltern, das Kind auszusetzen, und so
wuchs Paris am Berge Jda unter den Hirten auf. Er hütete,
als er erwachsen war, mit ihnen die Herden und zeichnete sich ebenso
durch Schönheit wie durch Körperstärke aus.
Eines Tages, als seine Herde sich gelagert hatte und er mit
verschränkten Ärmen träumend in die Landschaft hinausschaute, er¬
hielt er den Besuch mehrerer Göttinnen. Das ging aber so zu.
Als Peleus, der König von Phthia in Thessalien, seine Ver¬
mählung mit der Meergöttin Thetis feierte, waren alle Götter
und Göttinnen zum Feste eingeladen, nur Eris nicht, die Göttin
der Zwietracht, denn man hatte gefürchtet, sie möchte nach ihrer
Gewohnheit Zank und Hader anstiften und die Heiterkeit des Festes
stören. Eris aber sann, erzürnt über diese Zurücksetzung, auf Rache.
Während die Gäste vergnügt waren und laute Lust und Fröhlich¬
keit in dem Festsaale herrschte, öffnete sich die Thüre des Saales
und über den Fußboden rollte, von der Hand der erzürnten Göt¬
tin geworfen, ein goldener Apfel hin, mit der Aufschrift: „Der
Schönsten."
Kaum hatten die Göttinnen den Apfel gesehen und seine Auf¬
schrift gelesen, so erhob sich unter ihnen ein lebhafter Streit über
seinen Besitz. Die meisten Ansprüche darauf machte Hera, die stolze
Himmelskönigin und Gemahlin des Zeus; aber auch Athene, die
Göttin der Weisheit, und Aphrodite, die Göttin der Liebe, strebten
nach seinem Besitz.