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Auf den kahlen Birken flimmert
Rot der Reif, der mondbetaute.
Den Kaiser schauert.
Durch die leere Ebne irrt sein Blick:
Über Rußlands Leichenwüstenei
Faltet hoch die Nacht die blassen Hände,
Hängt und glänzt der dunkelrote Mond,
Eine blutige Sichel Gottes.
Die Schaukel.
Auf meiner Schaukel in die Höh',
Was kann es Schöneres geben!
So hoch, so weit: die ganze Chaussee
Und alle Häuser schweben.
Hoch in die Höh'! Wo ist meine Zeh?
Im Himmel! ich glaube, ich falle!
Das tut so tief, so süß dann weh,
Und die Bäume verbeugen sich alle.
Weit über die Gärten hoch, juchhe,
Ich lasse mich fliegen, fliegen;
Und alles sieht man, Wald und See,
Ganz anders stehn und liegen.
Und immer wieder in die Höh',
Und der Himmel kommt immer näher;
Und immer süßer tut es weh *—
Der Himmel wird immer höher.
Otto Julius Kiervaum.
Geboren 1865 zu Grünberg in Schlesien.
Oft in der
Oft in der stillen Nacht,
Wenn zag der Atem geht
Und sichelblank der Mond
Am schwarzen Himmel steht,
Wenn alles ruhig ist
Und kein Begehren schreit,
Führt meine Seele mich
In Kindeslande weit.
Dann seh' ich, wie ich schritt
Unfest mit Füßen klein,
Und seh' mein Kindesaug'
Und seh' die Hände mein
Und höre meinen Mund,
Wie lauter, klar er sprach,
Und senke meinen Kopf
Und denk' mein Leben nach:
stillen Nacht.
Bist du, bist du allweg
Gegangen also rein,
Wie du gegangen bist
Auf Kindesfüßen klein?
Hast du, hast du allweg
Gesprochen also klar,
Wie einsten deines Munds
Lautleise Stimme war?
Sahst du, sahst du allweg
So klar ins Angesicht
Der Sonne, wie dereinst
Der Kindesaugen Licht?
Ich blicke, Sichel, auf
Zu deiner weißen Pracht;
Tief, tief bin ich betrübt
Oft in der stillen Nacht.