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erfochten Teile des ersten Armeekorps bei Stallupönen. Ostpreußische Regimenter,
die hier für Haus und Herd standen und mit unvergleichlicher Tapferkeit
kämpften, nahmen dem Feinde mehr als 3000 Mann und eine größere Anzahl
Maschinengewehre ab. Ja, es wurde bereits an mehreren Stellen — bei
Kirbaty und Mlawa — der russische Grenzschutz durchstoßen und eine erste
Grenzzone, der Grenzstreifen von Kalisch über Weljnn nach Czenstochow, besetzt
und zugleich die erste Fühlung mit den österreichisch-ungarischen Truppen
genommen.
2. Grenzkämpfe im {tieften. Auch die Grenzkämpfe im Westen
begannen unmittelbar nach der Kriegserklärung. Hier entwickelten sich ansäng-
liche Scharmützel allmählich zu recht ernsten Gefechten. An zwei Stellen
suchten in der ersten Woche die Franzosen in das Grenzland einzudringen:
bei Mülhausen und bei Saarburg. Zuerst versuchten sie es im Oberelsaß.
In der Stärke von 11/2 Armeekorps stießen sie von Belfort aus in der
Richtung auf Mülhausen vor. Die schwachen deutschen Grenzschutztruppen,
die vor allem bei Altkirch erbitterten Widerstand leisteten, mußten vor der
Übermacht weichen und auch Mülhausen für kurze Zeit aufgeben. Am
9. August gewannen unsere Truppen nach hartnäckigem Kampfe die Stadt
zurück, und am folgenden Tage warfen sie den Feind aus seiner starken
Stellung westlich von der Stadt. Nachdem dieser schwere Verluste erlitten hatte,
zog er sich nach Belfort zurück.
An demselben 10. August errangen unsere Truppen auch in Lothringen
einen schönen Erfolg. Hier gingen unsere westlich von Saarburg stehenden
Sicherungstruppen gegen eine vorgeschobene gemischte Brigade vor und schlugen
sie bei Lagarde, dem letzten deutschen Grenzdorf am Rhein-Marne-Kanal, so
gründlich, daß über ein Sechstel der beiden Regimenter in unsere Hände fiel
und der Rest sich schleunigst in den Wald nordöstlich Luneville rettete.
Im Osten und Westen wurden also während des Aufmarsches die Grenzen
nicht nur behauptet, sondern sogar im Kampfe überschritten und zwar gegen
Feinde, die schon im Frieden bereit und gerüstet waren, in das Land des
Gegners einzufallen.
•3. £ütttcb. Auch war in diesen Wochen der Vorbereitung ein wichtiger
Schritt in der Durchführung des großen Angriffsplanes getan; eine große
Entscheidung hatte sich bereits vollzogen, Lüttich war in unserer Hand.
Lütttch war die bedeutendste der belgischen Maasbefestigungen. Sie hatte
wie Namur und Huy den Zweck, den Einmarsch der Deutschen aufzuhalten und
dadurch den Franzosen die Möglichkeit zu gewähren, ihren Aufmarsch in Belgien
zu vollenden. Darum mußte diese Sperre so schnell wie möglich gesprengt
werden, befanden sich doch bereits französische Abteilungen in der Stadt, sie
verteidigen zu helfen. Der kommandierende General des 10. Armeekorps,
v. Emmich, erhielt daher den Befehl, die Festung eiligst zu nehmen. Diese
Aufgabe war nicht leicht. Lüttich selbst war zwar eine unten im Maastal
gelegene offene Stadt ohne jede Umwallnng; aber sie wurde von 12 starken
Forts umgeben, die rings um die Stadt auf den beherrschenden Höhen lagen.
Zur Durchführung seiner Aufgabe konnten Emmich nur Truppenteile zur Ver¬
fügung gestellt werden, die nicht völlig mobil gemacht waren, im ganzen sechs
schwache Friedensbrigaden mit Artillerie und etwas Kavallerie. Aber trotz der