V. Landesherrschaften und Reichsreform in Deutschland.
69
die sich auf die Kirchenversammlungen stützte, hatte keinerlei Erfolge
gezeitigt; die Mißbrauche in der Kirche blieben bestehen. Das Papst¬
tum konnte nun die finanzielle Ausbeutung der Völker fortsetzen,
allerdings in den stärkeren Staaten nur unter sehr bedeutenden Zu¬
geständnissen an die Landesfürsten. Für die Reichskirche aber wurde
keinerlei Schutz gegen die Ansprüche des Papstes erreicht; der habs-
burgische Kaiser Friedrich III. ließ sich ausschließlich von den Inter¬
essen seines Äauses leiten.
Einer der begeistertsten Wortführer und Anhänger der Reform¬
partei auf der Baseler Versammlung, Enea Silvio Piccolomini,
verbot als Papst Pius II. 1460 die Berufung an ein allgemeines
Konzil als „Ääresie und Majestätsverbrechen". Damit war die
Reform der Kirche auf gesetzlichem Wege vereitelt. Das Papsttum
aber hatte die weltbeherrschende Politik Gregors VII. und Innocenz' III.
aufgegeben; seine leitenden Gesichtspunkte waren jetzt zuallererst die
Vorteile des Kirchenstaates und die der Angehörigen des jeweiligen
Inhabers, der Nepoten.
V. Landesherrschaften und Neichsreform in Deutschland.
Die deutschen Großen, welche seit der ersten Äälfte des 13. Jahr¬
hunderts Land es fürsten geworden waren, besaßen im Anfang
dieser neuen Entwicklung keineswegs einheitliche, geschlossene Gebiete.
Ihre Herrschaften setzten sich vielmehr außer den Stammgütern
(Alloden) und Lehen aus einer Reihe von Besitzrechten und Befug¬
nissen zusammen, die teilweise noch an ihre ursprüngliche Stellung
als Reichsbeamte erinnern und infolge von Belehnung und Erbschaft
oft rein zufällig zusammengewürfelt waren. So besaß Rudolf von
Äabsburg neben den Stammgütern seines Äauses die Grafschaft im
westlichen Zürichgau, im Aargau und Frickgau, die Landgrafschaft
im Elsaß, die Vogtei in Luzern und Glarus, die Grafschaft Kyburg,
die Landgrafschaft im Thurgau und andere mehr — eine Summe von
Herrsch aftsrechten, die untereinander sehr verschieden waren. Ähnlich
stand es mit den meisten Herrschaften auf dem Boden der alten
Herzogtümer Schwaben und Franken, wo es nach dem Ende der
Äohenstausen keine Inhaber der herzoglichen Würde mehr gab. In
Mitteldeutschland dagegen und vollends im Norden und Osten war
schon eine stärkere Zusammenfassung der landesherrlichen Besitzungen,
Rechte und Befugnisse eingetreten, die allerdings durch häufige Erb¬
teilungen wieder aufgehoben wurde. Die Markgrafen von Branden¬
burg und von Meißen (seit der zweiten Äälfte des 13. Jahrhunderts
auch Landgrafen von Thüringen), die Herzoge von Sachsen, die Land-