Full text: Neuzeitliche Weltgeschichte der Weltmächte

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Dieser Zeitpunkt trat nach 1683 ein, denn durch die Niederlage vor 
Wien ward nicht nur ihrem Vorwärtsdrängen nach Westen Einhalt ge¬ 
tan, mit ihr beginnt auch der Verfall der türkischen Vorherrschaft. 
Östreich entriß den Muselmännern Ungarn und Siebenbürgen und 
schlug sie in vielen Schlachten und vernichtete dadurch den Ruhm ihrer 
Unbesiegbarkeit. 
Dies alles erweckte auch in Rußland Siegeshoffnungen. Noch 
wenige Jahre vor Wiens Errettung hatten die Türken weite Gebiete 
in Podolien und der Ukraine erobert, aber auch das Gebiet links vom 
Dmestr an Rußland verloren. Peter der Große machte die Er¬ 
oberungspolitik auf Kosten der Türkei zu einem..Hauptgrundsatze und 
Hauptziel der russischen Politik. Im Bunde mit Österreich, Polen und 
Venedig (als Mittelmeermacht) ließ sich Peter der Große zunächst m 
einen Krieg gegen die Türkei ein. Dieser vereinten Heeresmacht war 
die Türkei nicht gewachsen. Sie unterlag und mußte kurz vor 1700 
große Gebiete abtreten, nämlich Dalmatien und Morea (Südgrrechen- 
land) an Venedig, Siebenbürgen und Ungarn an Österreich, Podolien 
und die Ukraine an Polen und Asow an Rußland. So gering der 
russische Gebietszuwachs auch war, Peter schätzte diesen vor allem des¬ 
halb, weil er ihm einen Seehasen am Schwarzmeer brachte. Freilich 
ging Asow im nordischen Kriege wieder verloren (1711) im Frieden 
am Pruth. Nach dem nordischen Kriege entschädigte sich Peter für 
Asows Verlust dadurch, daß er Persien wichtige Gebiete am Kaspisee 
entrfm polnischen Erbfolgekriege (1733—35) war Rußland abermals 
mit Österreich verbündet und beide wandten danach ihre Waffen gegen 
die Türkei. Rußland wollte sich den Zugang zum Schwarzmeer und 
zur Levante erschließen, Österreich begehrte Bosnien und die Herzegowina, 
nachdem es Belgrad bereits besaß. Die Russen nahmen Asow und 
besetzten die Krim, wurden aber nachher wieder zurückgedrängt. Auch 
Österreich erlitt mehrere Niederlagen und mußte alle Besitzungen südlich 
der Sau und Donau aufgeben. Zwar behielt Rußland Asow, mußte 
aber auf die übrigen Eroberungen verzichten und auch sich verpflichten, 
ins Schwarzmeer kein russisches Kriegs- oder Handelsschiff einlaufen 
zu lassen. Wichtig aber war für Rußland, daß Österreich von der 
Balkanhalbinsel zurückgedrängt worden war. Nunmehr konnte es dar¬ 
auf rechnen, allein die türkische Beute zu verspeisen. 
Die Rarin Elisabeth (1741—1762), die Tochter Peters des 
Großen, war freilich ganz und gar gegen Preußen eingenommen und 
hatte daher keine Zeit, sich der türkischen Frage zu widmen. Hingegen 
die Rarin Katharina II. (1762-1796) betrachtete neben der Einver¬ 
leibung Polens die Vernichtung des türkischen Reiches als ihre Lebens¬ 
aufgabe. Polens halber schloß sie mit Friedrich dem Großen em 
Bündnis und gewann dadurch auch eine Rückendeckung tn ihrer tur-
	        
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