Full text: Neuzeitliche Weltgeschichte der Weltmächte

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Deutschland und England bekundet. In der Folge kam auch zwischen 
beiden ein Abkommen zustande, das sich auf die portugiesischen Kolonien 
und deren etwaige Austeilung bezieht. Leider kam es 1899 vor Sa¬ 
moa zu recht scharfen Gegensätzen zwischen britischen und deutschen 
Kriegsschiffen; doch gelang es, noch in diesem Jahre einen Vertrag zu¬ 
stande zu bringen. Die bisher von England, Deutschland und den 
Vereinsstaaten gemeinsam verwalteten Samoainseln wurden derart 
geteilt, daß Deutschland den größten Anteil, die Union die östlichen 
Inseln erhielt. Dafür trat Deutschland an England zwei große Sa¬ 
lomoninseln ab und verzichtete zugunsten Englands auf feine Ansprüche 
ans die Tongainseln. Gleichzeitig ward das Hinterland von Togo 
unter England und Deutschland geteilt, doch so, daß der britische An¬ 
teil weit größer ausfiel. 
Während des südafrikanischen Krieges flammte in Deutschland wie 
im ganzen übrigen Europa die Begeisterung für die Buren hoch 
auf. Das war natürlich, reizte aber die britische Empfindlichkeit. Eng¬ 
land beschlagnahmte mehrere deutsche Handelsdampfer an der Küste 
von Natal, angeblich, weil sie Konterbande an Bord hätten, doch mußte 
es sie wieder freigeben. Diese Verstimmungen schienen aber wieder über¬ 
wunden zu sein, da der deutsche Kaiser bei dem Tode Viktorias gleich 
nach England eilte. Als dann Venezuela deutsche und britische Unter¬ 
tanen in ihren Rechten und Ansprüchen verletzte, traten England und 
Deutschland gemeinsam auf und erzwangen auch die Bezahlung der 
verlangten Geldsummen. Dennoch hetzte man in England weiter gegen 
Deutschland und die britischen Staatsmänner, unterstützt von ihrem 
schweigsamen, reiselustigen Könige Edward VII., schlossen seit 1902 eine 
Reihe von Abkommen, die auf bie deutsche Weltstellung ihren nach¬ 
teiligen Einfluß ausüben mußten. Vielfach hatte man in D eutschland 
den Eindruck, als ob es von Britannien „eingekreist" oder „einge¬ 
kesselt" werden sollte. 
Diesen Eindruck verstärkten die Veränderungen, welche das britische 
Flottenamt vornahm. Die britische Flotte erhielt nicht bloß die 
allergrößten Schlachtschiffe mit den allerschwersten Geschützen. Sie 
ward nicht bloß von allen veralteten Fahrzeugen befreit. Vor allem 
ward die britische Flottenmacht anders verteilt. Früher hatte England 
in Gibraltar stets eine sehr starke Flotte in Bereitschaft, um jederzeit 
französische Gelüste dämpfen zn können. Seit dem Abkommen Englands 
mit Frankreich (1904^, worin sich beide völlig verständigten und sozu¬ 
sagen die jahrhundertlange Erbfeindschaft austilgten, verminderte man 
die britische Mittelmeerflotte und vereinigte die Hauptflotte in der Nord¬ 
see, in dem Kanal und dem Nordatlantik. In Rosyth baute man einen 
neuen Kriegshafen. Die neue Front der britischen Kriegsflotte richtet 
offenkundig ihre Front gegen Deutschland (unb vielleicht auch gegen 
die Union). Die Briten haben offen erklärt: „Die herkömmliche Rolle 
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