Full text: Die Neuzeit (Theil 3)

oberte zurück. Elisabeth begnügte sich damit, daß ihr Sohn Don 
Carlos die Anwartschaft auf Parma, Piacenza und Toskana 
erhielt. 
3. Das deutsche Reich, wo Karl VI. 1711—1740 regierte, 
bot während der ersten Hälfte des 18. Jahrh, das traurige Bild der 
Zerrissenheit. Der Kaiser war machtlos, denn seine Vorrechte be¬ 
schränkten >ich ans die sog. Reservatrechte (Standeserhöhungen, 
Bestätigungen der Verträge u. a.), so daß die reichsuumittelbareu 
Fürsten und Grasen, von denen es damals über 300 gab, in der 
That volle Souveränetät geuossen. Die Reichsgeschäfte hatte der 
Reichstag, welcher seit 1663 in Regensburg ein stehender war. Er 
wurde aber nur noch von den Gesandten der Fürsten beschickt, machte 
stch viel mit Formalitäten zu thun und konnte kaum eiue Stütze des 
Kaisers genannt werden, da ein Antrag von demselben erst dmtit 
rechtskräftig wurde, wenn die 3 ständischen Collegien, (das kur¬ 
fürstliche, reichsfürstliche mit der weltlichen und geistlichen Bank und 
das reichsstädtische) ihre Zustimmung gaben. Dazu stieß die Aus¬ 
führung der Beschlüsse bei der ganzen Einrichtung des Reiches auf 
die größten Schwierigkeiten. So blieb dem Kaiser nur die Reprä¬ 
sentation, während die wirksame Vertretung der deutschen Politik bei 
den großen Reichsfürsten in Brandenburg-Preußen und in 
Sachsen stand. 
Der jämmerliche Zustand des deutschen Reiches offenbarte sich 
auch in dessen rechtlichen uud sittlichen Verhältnissen. Das 
Reichskammergericht, welches von Speyer nach Wetzlar verlegt 
worden war, sollte zwar bei Zwistigkeiten der Reichsstände unter ein¬ 
ander oder mit ihren Unterthanen die Entscheidung treffen, hatte 
aber wegen der Verschleppung der Processe und der Bestechlichkeit 
der Richter alles Ansehn verloren. Aehnliches galt von der niederen 
Gerichtsbarkeit. Das Volk wurde von den Amtleuten und Advokaten 
ausgesogen, und der Einfluß der Mächtigen beugte das Recht. Die 
servile Gesinnung des Beamtenthums, fein Haschen nach Titeln und 
höhern Stellen, die meist käuflich waten, erleichterten den Fürsten das 
absolute Regiment. An den meisten Höfen verschwendete man die 
Einkünste des Landes durch Feste, Opern und übertriebenen Luxus 
(August II. von Sachsen), weil die deutschen Fürsten nach dem Vor- 
bilde Ludwigs XIX. leben wollten. Von den Höfen aus verpflanzte 
sich die französische Leichtfertigkeit in die Kreise der sog. guten Ge-
	        
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