Full text: Zeit der alten Deutschen bis zur Reformationszeit (Bd. 1)

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lateinische Reden und schrieb lateinische Verse. Als er Weltweisheit 
studierte, versäumte oder verschlief er niemals eine Vorlesung. Immer 
hörte er eifrig zu. Wenn ihm im Vortrage etwas dunkel geblieben 
war, so fragte er gern seine Lehrer und sprach in Ehrerbietung mit 
ihnen über das Gehörte. Um nichts zu vergessen, wiederholte er das 
Gelernte fleißig mit seinen Genossen und suchte es zu ergänzen durch 
Lesen in den Büchern. Wie gern besuchte er die Büchersammlung! 
Da stand er, das heilige Buch in der Hand, das er noch nie in die 
Hände bekommen hatte. Wie er da mit herzlicher Lust und Freude las! 
Wie er alles um sich herum vergaß! Durch solchen Fleiß und Eifer 
eignete er sich die Kenntnis der lateinischen Sprache und auch 
schon einiges Wissen aus der h. Schrift an. 
Dabei legt er auch rührende Zeugnisse seiner Dankbarkeit ab- 
Er wußte wohl, daß vor allem die guten Eltern sorgten und schafften, 
entbehrten und sparten, um ihn durchzubringen. Nicht genug kann er 
rühmen, was sie an ihm gethan. Er sagt: „Meine Eltern haben es 
sich lassen blutsauer werden. Mein lieber Vater hat mich mit aller 
Liebe und Treue auf der hohen Schule zu Erfurt gehalten und durch 
seinen sauern Schweiß und Arbeit mir dahin geholfen, daß ich hinge¬ 
kommen bin." Auch in der übergroßen Strenge seiner Eltern erblickte 
er noch die Liebe. „Sie meinten es herzlich gut." 
Mit Freuden dachte er auch später an seinen lieben Lehrer Tre- 
bonius und an seine edelmütige Wohlthäterin, die fromme Frau Kotta. 
Er rühmt: „Eisenach ist meine liebe Stadt, in welcher ich soviel Gutes 
gelernt und genossen habe." 
III. Assoeiation. 
1. Aus unserer Geschichte lernen wir einige Schulen jener Zeit 
kennen. Was wißt ihr von den Schulen, die Luther besuchte? 
In der Mansselder Schule lernte Martin das Lesen, Schreiben, 
Einmaleins und Singen. Besonders wurde das Auswendiglernen der 
zehn Gebote, des Glaubens, des Vaterunsers und des Psalters geübt. 
Auch ein wenig Latein wurde getrieben, besonders lateinische Gesänge 
und Gebete (Pater noster) gelernt. Die Zucht war hart. Diese Schule 
vermittelte das einfachste Wissen an die Knaben. Stadtschule. 
In Magdeburg und Eisenach trieb Martin nur Latein. Aus 
abgeschriebenen Handbüchern lernte er lateinische Worte z. B. Martinus, 
Augustinus, pater, prior, vicarius, Studium, disputatio, exemplum, 
u. s. f. (Abwandlungen, Biegungen) und leichte Sätze, z. B. Pater 
noster — panem propter Deum u. f. f. las dann kleine leichte Bücher 
lateinischer Redner, Dichter und Geschichtsschreiber und hielt schon selbst 
eine lateinische Rede. Den Unterhalt mußte er sich erst wie andere 
arme Schüler als Chorsänger ersingen und durch Singumgänge erbetteln. 
— Lateinschulen. 
In Erfurt setzte der Student seine Studien in der lateinischen 
Sprache fort. Wie üblich studierte er erst Weltweisheit, die Lehre vom
	        
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