Full text: Zeit der alten Deutschen bis zur Reformationszeit (Bd. 1)

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Bosheit ich jetzt, Gott helf mir, zu durchleuchten gedenk. Gott hat uns 
ein junges edles Blut zum Haupt gegeben, damit die Herzen zu großer 
guter Hoffnung erweckt. Daneben will sich ziemen, das Unsere dazu 
zu thun und der Zeit und Gnade nützlich zu brauchen. Das erste, das 
in dieser Sache vornehmlich zu thun, ist, daß wir uns ja vorsehen mit 
großem Ernst und nicht etwa anheben mit Vertrauen großer Macht 
oder Vernunft, obgleich aller Welt Gewalt unser wäre; denn Gott mag 
und wills nicht leiden, daß ein gut Werk werde angefangen im Ver¬ 
trauen eigener Macht und Vernunft. Man muß hier mit einem Ver¬ 
zagen leiblicher Gewalt in demütigem Vertrauen Gottes die Sache an¬ 
greifen und mit ernstlichem Gebet Hilfe bei Gott suchen. 
Die Romanisten haben drei Mauern mit großer Behendigkeit um 
sich gezogen, damit sie sich bisher beschützt, daß sie niemand hat mögen 
reformieren, dadurch die ganze Christenheit greulich gefallen ist. Zum 
ersten, wenn man hat auf sie gedrungen mit weltlicher Gewalt, haben 
sie gesetzt und gesagt: weltliche Gewalt habe nicht Recht über sie; sondern 
wiederum, geistliche sei über die weltliche. Zum andern, hat man sie 
mit der heiligen Schrift wollen strafen, setzen sie dagegen: es gebühre 
die Schrift niemand auszulegen, denn dem Papst. Zum dritten, 
dräuet man ihnen mit einem Konzil, fo erdichten sie: es möge niemand 
eine Kirchenversammlung berufen denn der Papst. Nun helf uns Gott 
und geb uns der Posaunen eine, damit die Mauern Jerichos wurden 
umgeworfen, daß wir diese strohernen und papiernen Mauern auch um¬ 
blasen." 
Gegen die erste Mauer führt Luther folgende Sätze in den Kampf: 
„Alle Christen sind wahrhaftig geistlichen Standes und ist unter 
ihnen kein Unterschied, denn des Amts halben allein. Die Taufe, 
Evangelium und Glauben, die machen allein geistlich und Christenvolk. 
Wo nicht eine höhere Weihe in uns wäre, denn der Papst oder Bischof 
giebt, so würde nimmermehr durch Papsts over Bischofs Weihen ein 
Priester gemacht. Darum ist des Bischofs Weihe nicht anders, denn 
als wenn er an Statt und Person der ganzen Sammlung einen aus 
dem Haufen nehme, die alle gleiche Gewalt haben, und ihm befehle, 
dieselbe Gewalt für die anderen auszurichten. Und daß ichs noch klarer 
jage, wenn ein Häuflein frommer Christen würde gefangen und in eine 
Wüstenei gesetzt, die nickt bei sich hätten einen geweihten Priester von 
einem Bischof, und würden allda der Sache eins, erwählten einen unter 
ihnen, er wäre ehelich oder nicht, und befehlen ihm das Amt zu taufen, 
Messe halten, absolvieren und predigen, der wäre wahrhaftig ein Priester, 
als ob ihn alle Bischöse und Päpste hätten geweihet. Dieweil nun die 
weltliche Gewalt ist gleich mit uns getauft, hat denselben Glauben und 
Evangelium, müssen wir sie lassen Priester und Bisch os sein und ihr 
Amt zählen, als ein Amt, das da gehöre und nützlich sei der christlichen 
Gemeine. Denn was aus der Taufe gekrochen, das mag sich rühmen, 
daß es schon zum Priester, Bischof oder Papst geweiht sei; obwohl nicht 
einem jeden ziemt, solch Amt zu üben. Denn was gemein ist, mag 
niemand ohne der Gemeine Willen und Befehl an sich nehmen. Darum 
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