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Python hieß. Apollon kam, erlegte den Drachen und gründete dort
sein Heiligtum. Der Tempel war über einem Erdschlunde erbaut, dem
kalte, berauschende Dünste entstiegen. Über dem Schlunde stand der
heilige Dreifuß, auf den sich die Pythia setzte, wenn ein Orakel von
ihr erbeten wurde. Bald verfiel sie in Zuckungen und stieß einzelne
Worte oder Laute hervor, aus denen die Priester, meist in Versform,
die Antwort des Gottes zusammenstellten. Dichter Wald umgab die
Orakelstätte, und nur ein schmaler Pfad führte dahin. Apollon als
Gott des berühmtesten Orakels ist der Vorsteher aller weissagenden
Männer und Frauen (Sibyllen), und da die Sänger und Dichter
mit prophetischem Geiste in die Zukunft schauen, so ist er auch der
Gott der Dichtkunst und der damit eng verbundenen Musik. Die
Zither (Kithara) ist sein Lieblingsinstrument, als Zitherspieler
führt er die neun Musen, die Vorsteherinnen der Künste, auf
dem Parnassosgebirge oder aus dem Olympos zum Tanze (Reigen).
Die schönste Statue des Apollon befindet sich im Vatikan in Rom,
man nennt sie den Apollon von Belvedere. Hier ist er dargestellt in
voller Jugendkraft und Schönheit. Nackt steht er da, den linken Arm
vorgestreckt, denn er hat eben den Python erlegt. Die weitgeöffneten
Nasenlöcher und die ausschwellenden Lippen drücken Zorn aus, aber
der göttliche Blick schweift ruhig in die Ferne.
Artemis, die Schwester Apollons, ist nur das weibliche Gegenbild
zu diesem. Auch sie liebt Bogen und Pfeil. Der Jagd ergeben
schweift sie mit ihrem Gefolge durch die Wälder, und wenn sie ruhen
will, geht sie nach Delphi, in das Heiligtum des Bruders. Auch sie
ist eine todbringende Gottheit, auch sie ist zugleich Beschützerin des
Feldes und Waldes. In Arkadien, das von Ackerbauern und
Hirten bewohnt war, verehrte man sie in vielen Tempeln. An
manchen Orten, wie in Sparta, hatte man ihr in früherer Zeit
Menschenopfer dargebracht, und noch später peitschte man an ihrem
Altare Knaben, bis das Blut stoß. Sie hat also in ihrem Wesen
etwas Schreckliches, das ihrem Bruder nicht beigelegt wurde. Die
berühmteste Statue dieser Göttin ist die Artemis von Versailles. In
dieser Darstellung ist sie die Beschützerin des Wildes. An ihre Seite
hat sich eine Hirschkuh geflüchtet, und sie greift zornig in den Köcher,
der ihr über der Schulter hängt, um den Verfolger zn strafen.
Hermes, Sohn des Zeus und der Maia, wurde ebenfalls mit
besonderem Eifer in Arkadien verehrt, wo er in einer Grotte geboren
worden sein soll. Er ist der Gewandte, Listige, Erfindungsreiche, der
Bore des Zeus. Schon bald nach seiner Geburt soll er aus den
Windeln geschlüpft fein und dem Apoll eine Herde Rinder gestohlen