Full text: Die neueste Zeit (Teil 4)

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schein Muster, der milde Großherzog Leopold II. von Toskana, und Karl 
Albert von Sardinien thaten dasselbe aus freien Stücken. Selbst der 
neue Papst Pius IX. betrat bald darauf den Weg freisinniger Reformen 
und berief ein Parlament mit zwei Kammern. Diese Vorgänge mußten 
auch auf die österreichischen Besitzungen einwirken. In Mailand brach 
im März 1848 ein allgemeiner Volksaufstand aus, der den General 
Radetzky zwang, die Stadt aufzugeben und im Festungsviereck an 
der Etsch Zuflucht zu suchen, in Venedig rief der Advokat Manin die 
Republik aus und fand allgemeine Zustimmung. 
Jetzt glaubte Karl Albert die Zeit gekommen, die Befreiung Ober¬ 
italiens zu unternehmen. Er überschritt mit seinen Truppen die 
Grenzen der Lombardei. Es zeigte sich aber sofort, daß er kein rechter 
Kriegsmann war. Statt Radetzky ohne weiteres anzugreifen und über 
die Alpen zu drängen, ließ er ihm Zeit, Verstärkungen an sich zu ziehen. 
Viel rascher handelte der Freischarenführer Joseph Garibaldi, 
ein Seemann ans Nizza, der in Südamerika für die Republikaner ge¬ 
fochten hatte. Mit seinen Alpenjägern fügte er den Österreichern 
großen Schaden zu. Unerwartet erschien er, fiel den Feinden in den 
Rücken, und blitzschnell verschwand er, wenn die Überzahl des Gegners 
sich geltend machte. Radetzky war im Juli 1848 im stände, angriffs¬ 
weise vorzugehen, General Haynau befehligte die Reserve. Bei Eu- 
stozza errang Radetzky einen glänzenden Sieg über die Sardinier, so 
daß Karl Albert sich genötigt sah, einen Waffenstillstand einzugehen 
und seine Truppen aus Modena und Parma zurückzuziehen. Zwar 
nahm er im März 1849 den Krieg gegen Österreich von neuem auf, 
wurde aber bei Novara noch einmal geschlagen und legte unmittel¬ 
bar nach der Schlacht die Krone nieder. Sein Sohn Viktor Ema- 
nuel schloß sogleich einen neuen Waffenstillstand mit Radetzky, dem 
bald auch der Friede zu Mailand folgte. Sardinien mußte es für ein 
Glück schützen, daß es durch Englands und Frankreichs Vermittelung 
nur eine Kriegssteuer von 75 Millionen Fr. zu zahlen hatte, sonst aber 
in seinem bisherigen Umfange verblieb. Karl Albert verließ gebrochenen 
Herzens die Heimat und ging nach Portugal, wo er noch in demselben 
Jahre starb. Aber seinen großen Plan vererbte er auf seine Nachkommen. 
Kaum war in Italien die liberale Partei wieder zur Geltung ge¬ 
kommen, so fanden sich in den Hauptstädten aller Staaten eine Menge 
politischer Abenteurer ein, die sich mit den Repulikanern verbanden 
und anarchistische Zustände herbeiführten, darunter viele Polen. Tumulte, 
die keinen anderen Zweck als den Umsturz des Bestehenden hatten, er-
	        
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