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schen auf Abhilfe und fanden sie. Aus verschiedenen Körnern
und Früchten lernten sie Ol pressen, das sich brennen ließ. Sie
formten kleine Lampchen aus Ton, Eisen oder Bronze und drehten
das Mark der Binsen oder kleine Stückchen Wolle zu einem Dochte
zusammen. Manche Völker verstanden diese Lampchen zu wahren
Kunstwerken zu gestalten, und wenn du einmal bei hellem Wetter
keine Schule hast, dann gehe ich mit dir in die Altertumssamm—
lung, und wir betrachten die schönen Lampen der alten Griechen
und Römer.“
„Ach ja, Mutter! Und ich darf dann meine Freundin Hed-
wig mitnehmen, nicht wahr? Die sieht so etwas gar zu gerne,
und ihre Eltern haben keine Zeit, mit ihr die Sammlungen zu be—
suchen. — Hat man denn in den Bauernhäusern auch noch solche
Lãmpchen?“
„Nein, Lieschen, das Ol hatte einen unangenehmen Ge—
ruch, auch rauchten die Lampen abscheulich, und die Leute wur-
den davon krank; darum sehnten sie sich nach festeren Brenn-
stosfen.“
„Da erfanden sie gewiß die Pechfackeln, die neulich die
Studenten trugen, als der Herr Professor nebenan seinen siebzigsten
Geburtstag seierte ?ꝰ
„Gewiß, Kind, die Pechfackeln wurden im Mittelalter viel
benũtzt, und in alten Burgen siehst du noch am Tore und an
den VWanden der Sale breite Eisenringe. Da steckte man die
Fackeln hinein; aber das Pech tropfte von dem Hanfdochte stets
herunter, und die Fackel qualmte unerträglich. So kam man
schon frühe darauf, das Wachs zu verwerten. Hast du wohl schon
einmal ein Wachslicht gesehen, Lieschen?“
„Ja, Mutter, am Christbaum. Es riecht immer so gut, wenn
ein heißer Wachstropfen auf die Tannenzweige fällt.“
„Natürlich, du denkst gleich wieder an Weihnachten. Aber
weißt du noch, wie wir neulich in der katholischen Kirche waren?“
„O gewiß, Mütterchen, und dort brannten auf dem Altar
ganz große, dicke Lichter; waren die aus Wachs?“
„Ja, Lieschen, und lange Zeit benützte man solche Kerzen
nur zum Gottesdienst oder bei einem besonders festlichen Anlab,