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$if§ eigentliche Mittelalter.
nach Avignon zurückkehrte und von Frankreich, Schottland, Spanien
und Savoyen anerkannt wurde. Beiden Päpsten wurden von ihrem
Auhauge Nachfolger gegeben, die sich mit Bann und Interdikt be¬
kämpften, während die Spaltung auch die finanziellen Ansprüche
steigerte. Nur auf dem Wege der Selbsthilfe konnte die Kirche sich
retten: das Organ dazu fand man in einem die Gesamtkirche dar¬
stellenden Konzil. In dieser Richtung wirkten namentlich hervorragende
Pariser Theologen wie Pierre d'Aillh (Petrus de Alliaeo), Jean
Charlier aus Gerson (bei Reims) und Nikolaus von Clemenges,
welche die Reformation der Kirche an Haupt und Glie¬
dern durch ein allgemeines Konzil verlangten. Als die Zerrüttung
der Kirche durch den Streit zwischen Gregor XII. in Rom und
Benedikt XIII. in Avignon ihren Höhepunkt erreicht hatte,
erklärten sich aus Andringen Gersons König und Parlament von
Frankreich für neutral und proklamierten die vorläufige Selbst¬
verwaltung der französischen Kirche. Da die Päpste jeden Bergleich
ablehnten (Benedikt XIII. nach Spanien), fiel endlich die Mehrheit
der Kardinäle beider ab und berief 1408 zu Livorno auf Grund
?Bisa eines Gutachtens der Universitäten ein allgemeines Konzil
ä“4°9nach Pisa. Dieses (März —August 1409) erklärte, trotz des Pro¬
testes beider Päpste und Ruprechts von der Pfalz (§169) in
Konsequenz von Gersons Lehre die Kirche für selbständig durch die
Einsetzung Christi auch ohne Papst und sprach als Vertretung der
Gesamtkirche die Absetzung beider Päpste aus. Da es aber dann vor
Durchführung der Reformation in A l e x a n d e r V. (Peter von Mai¬
land, ein Genuese) einen neuen Papst wählte und dieser es auf drei
Jahre vertagte, so unterblieb nicht nur die erhoffte Reformation,
sondern es stritten hinfort drei Päpste miteinander. Aber schließlich
wurde Alexanders V. Nachfolger Johann XXIII. (Balthasar Cossa),
ein neapolitanischer Edelmann von dunkler Vergangenheit, durch die
Bedrängnis, in die er im Kampf mit Ladislaus von Neapel geriet,
genötigt, sich um Hilfe an den inzwischen im deutschen Reiche an¬
erkannten Siegmund zu wenden und mußte diesem die Ausschreibung
eines Konzils nach Konstanz bewilligen.
174 4. Das Konstanzer Konzil (November 1414 bis 22. April
DasKou-1418) sollte einmal die in Böhmen mächtig entwickelte hnssitische
A|. Ketzerei ausrotten, die Einheit der Kirche herstellen und die Reform
ui«.' derselben an Haupt und Gliedern durchführen. Aber bei der Ver¬
flechtung der kirchlichen Angelegenheiten mit denen des Staates und