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B. Brandenburgisch-Preußische Geschichte.
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Maas. — Kunst und Wissenschaft nahmen in dem jungen Königreiche einen
erfreulichen Aufschwung. Der König gründete in Berlin die Akademie der
Wissenschaften und berief an diese gelehrte Männer, mit denen die hoch¬
gebildete Königin Sophie Charlotte (Bild 24) in lebhaftem Verkehr stand.
In Halle wurde die heute noch bestehende Universität ins Leben gerufen. August
Hermann Francke schuf sich ein bleibendes Denkmal dadurch, daß er aus
milden Gaben, gestützt auf Gottvertrauen und Menschenliebe, in Halle wohltätige
Anstalten errichtete. Er erbaute dort eine Armenschnle, ein Waisenhaus, ein
Lehrerseminar, eine Töchterschule, ein Krankenhaus mit einer Apotheke und ein
Hospital. Noch heute verbreiten die Franckeschen Stiftungen großen Segen.
Schon als Kurfürst hatte Friedrich die Akademie der Künste gegründet. An
dieser wirkte der bedeutende Bildhauer Schlüter, der das Königliche Schloß
(Bild 25) fast vollendete, und dem man das berühmte Standbild des Großen Kur¬
fürsten auf der Brücke vor dem Schlosse verdankt.
V. Friedrich Wilhelm I. (1713—1740).
1. Seine Person. Friedrich Wilhelm I. besaß im Gegensatz zu seinem Vater
einen kräftigen Körper und ein derbes, aber echt deutsches Wesen. Er war überzeugt,
daß nur Sparsamkeit dem Staate aufhelfen könnte. Daher entließ er gleich nach
dem Antritt seiner Regierung den größten Teil der Hofbeamten seines Vaters
und führte eine einfache, würdige Hofhaltung ein. Er selbst war sehr einfach in
Kleidung und Lebensweise. Das gezierte französische Wesen haßte er. Dafür
pflegte er Ordnungsliebe, Pflichttreue, Sittenreinheit und Gottesfurcht. Vom
frühen Morgen bis zum späten Abend war er bei der Arbeit. Er lebte nach seinem
Ausspruche: „Der Regent ist zur Arbeit erkoren." Aber auch von seinen Unter¬
tanen verlangte er strengste Pflichterfüllung. Wenn er Arbeiter müßig stehen
sah, half er mit seinem Stocke nach. Den Torschreiber in Potsdam prügelte er
sogar mit dem Stocke aus seinem Bette heraus, als er früh am Morgen die Bauern
vor dem geschlossenen Stadttor warten sah. Am Abend jedoch vergaß er alle
Sorgen und saß mit seinen Freunden im Tabakskollegium gemütlich beisammen.
Seine Aufgabe bezeichnete er mit den Worten: „Der König ist berufen, unpar¬
teiisch über allen Ständen zu walten, die Sonderrechte und Sondervorteile zu
beugen unter das allgemeine Wohl."
2. Sorge für das Heer. Als der König den Thron bestieg, erklärte er, daß
er sein eigener Feldmarschall sein wollte. Während seiner Regierung wurde das
Heer von 38000 bis auf 83000 Mann vermehrt. Alle Regimenter mußten stets
vollzählig und kriegsbereit sein. Die Hälste der Soldaten wurde im Auslande
angeworben; die andre Hälfte bestand aus Landeskindern. Jedes Regiment
erhielt im Lande einen bestimmten Bezirk [Kanton] zugewiesen, aus dem es seine
Mannschaften entnehmen mußte. Alle gesunden Knaben wurden in das Soldaten¬
register eingetragen. Wenn sie zu Jünglingen herangewachsen waren, mußten
sie so lange eine auffallend rote Binde tragen, bis sie zu den Fahnen einberufen
wurden. Vom Militärdienste befreit blieben jedoch die Söhne von Edelleuten,
Hirts neues Realienbuch. Geschichte. g