Full text: Quellenbuch zur brandenburgisch-preussischen Geschichte

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einer Gesetzgebung aufgestellt, dem noch keine andere sich nähert. Mit dem 
Untergange Preußens würden alle diese Wohlthaten schwinden und in Ver- 
gessenheit geraten, die Regierungskunst vielleicht in ihre Kindheit zurückfallen. 
Und wie für die Menschheit, wie für ganz Europa, so würde der Fall 
Preußens besonders für Frankreich einen unersetzlichen Verlust bringen; 
denn er würde ganz Deutschland der Herrschaft Österreichs überliefern, 
welches uach seiner ganzen Eigentümlichkeit des inneren geistigen Bernses 
für dieselbe entbehrt. Dennoch ist diese Herrschaft das Ziel, welches der 
Kaiser bei allen seinen Plänen vor Augen hat und welches er trotz aller 
Fehler, die er begeht, erreichen muß, wenn nichts geschieht, den natürlichen 
Druck der Massen zu vermindern und die Ueberlegenheit aufzuwiegen, 
welche ein Reich mit 20 bis 30 Millionen Einwohnern über einen Staat 
von 5 bis 6 Millionen besitzt, nachdem das Oberhaupt jenes Reiches an 
dem Beispiele Friedrichs gelernt hat, von den ihm zu Gebote steheudeu 
Mitteln einen anderen Gebrauch als seine Vorgänger zu machen. Was ist 
aber zu thuu, um deu bevorstehenden Stoß abzuwenden? — Nichts erscheint 
naturgemäßer und klüger, so lange der jetzige Stand der europäischen Ver- 
hältuisse dauert, als das festeste und aufrichtigste Verteidigungsbündnis 
aller benachbarten Mächte Deutschlands mit dem Oberhaupte des Hauses 
Brandenburg, um nicht nur für dessen eigene Besitzungen, sondern auch für 
die anderen deutschen Staaten Gewähr zu leifteu. Der vou Friedrich II. 
errichtete deutsche Fürstenbund ist in dieser Beziehung ein Meisterstück, aber 
damit er von Wirkung sei, müssen diese Fürsten unter deu Waffen bleiben, 
sie müssen entschlossen sein, beim Eintritte der Gefahr ihrem Beschützer zur 
Seite zu treten. — Preußen selbst soll die Kaiserkrone nicht erstreben, es 
soll sich die schöne Rolle des Wächters der deutschen Freiheit, des tugeud- 
hasteu Volkstribuns vorbehalten. Dieser Posten ist ehrenvoller als der des 
Konsuls, uud die Natur der Dinge will, daß sich Preußen auf demselben 
behaupte uud mit demselben begnüge. Wären wir von dieser wichtigen 
Wahrheit nicht so fest überzeugt, wäre die preußische Monarchie nicht wirklich 
das Palladium der deutschen Freiheit, welchem wir den entscheidendsten 
Einfluß auf das Wohl Europas beimessen, wenn auch nur durch das 
Beispiel und die täglich zunehmenden Fortschritte, welche die Menschheit 
in Deutschland macht, was würde uns dieses Land und seine Verfassung 
angehen? 
Bürger Deutschlands, von welchem Range ihr sein möget, höret einen 
Fremden, der ench schätzt, weil ihr eine große, verständige, erleuchtete Nation 
bildet, die weniger verdorben als die Mehrheit der anderen Völker und 
durch ihren Charakter ebenso entfernt, als glücklicherweise durch ihre Ver- 
sassuug uusähig ist Europa zu unterjochen oder auch zu verheeren: betrachtet 
die Standarte Preußens als die Fahne eurer Freiheit, schließt 
euch an seine Macht an, unterstützt sie, befördert jeden den Gesetzen der 
Billigkeit entsprechenden Zuwachs, freuet euch ihrer Erfolge, verhindert, 
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