— 335
256. Österreichisch - preußisches Ultimatum an Dänemark.
1864.
(Staatsarchiv VI., D2r. 1428; französ.)
Die Regierungen von Österreich und Preußen hatten sich der Hoffnung
hingegeben, daß die am 18. November v. I. von Sr. Majestät dem Könige
Christian IX. sanktionierte und mit dem I. Januar 1664 ins Leben zu
treten bestimmte gemeinsame Verfassung für Dänemark und Schleswigs
noch vor diesem Termine würde außer Kraft gesetzt werdeu. Diese Hoffnung
ist nicht erfüllt worden. Mit dem 1. Januar d. I. ist die Verfassung
rechtlich in Kraft getreten und dadurch die Inkorporation Schleswigs voll-
zogen. Die königlich dänische Regierung hat dadurch die Verpflichtungen,
welche sie im Jahre 1852 sowohl dem Deutschen Bnnde als insbesondere
den beiden deutscheu Mächteu gegenüber eingegangen ist2), auf unzweideutige
Weife gebrochen nnd einen Zustand hervorgerufen, der als vertragsmäßig
berechtigt nicht angesehen werden kann. Die genannten beiden Mächte sind
infolge der Stellung, welche sie zu jenen Verhandlungen, deren Ergebnis
auf ihre Empfehlung vom Deutschen Bunde genehmigt worden ist, einge-
nommen haben, es sich selbst und dem Deutschen Buude schuldig, eiueu
solchen Zustand nicht zuzulassen. Sie richten daher an die königlich dänische
Regierung noch einmal die ausdrückliche Aufforderuug, die auf keinem Rechts-
grnnde beruhende Verfassung vom 18. November 1863 wieder aufzuheben
und dadurch wenigstens den vorherigen Status quo als die notwendige Vor-
bedingnng jeder weiteren Verhandlung wieder herzustellen. Sollte die
königlich dänische Regierung dieser Aufforderung nicht entfprechen, so würden
die beiden genannten Mächte sich genötigt sehen, die ihnen zu Gebote stehenden
Mittel zur Herstellung des status quo nnd Sicherung des Herzogtums
Schleswig gegen die widerrechtliche Vereinigung mit dem Königreiche Däne-
mark in Anwendung zu bringen. Die unterzeichneten bisherigen Gesandten
der beiden Mächte, welche, wenngleich nicht förmlich akkreditiert, in diesem
Falle im speziellen Auftrag ihrer Regierungen handeln, sind angewiesen
worden, die Aufhebung der Verfassung vom 18. November v. I. zu ver-
langen uud weuu die Erklärung, daß dieselbe erfolgt sei, ihnen nicht im
') König Christian IX. von Dänemark, der Nachfolger Friedrichs VII. (1' 1863),
hatte, von der eiderdänischen Partei in Kopenhagen gedrängt, eine neue, für
Dänemark mit Ausschluß von Holstein uud Lauenburg gegebene Verfassung unter-
zeichnet, während der in Schleswig-Holstein erbberechtigte Prinz Friedrich von
Augustenburg seine Ansprüche geltend machte und eiueu Bundesbeschluß vom
7. Dezember 1863 bebnfs Exekution gegen Dänemark zur Herstellung der verletzten
Rechte der Herzogtümer erwirkte.
2) Zugeständnis besonderer Ministerien und ständischer Volksvertretung für
die beiden Herzogtümer vom 28. Jan. 1852.