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absichtige, so blieb nichts übrig, als durch die genannte Batterie die Stadt
bombardieren zu lassen. Da es nach 20 Minuten ungefähr an mehreren
Stellen bereits bräunte, was mit den vielen brennenden Dörfern in dem
ganzen Schlachtkreise einen erschütternden Eindruck machte, so ließ ich das
Fener schweigen und sendete den Oberstlieutenant v. Bronsart vom General-
stab als Parlamentär mit weißer Fahne ab, der Armee uud Festung die
Kapitulation antragend. Ihm begegnete bereits ein bayrischer Offizier,
der mir meldete, daß ein französischer Parlamentär mit weißer Fahne am
Thore sich gemeldet habe. Der Oberstlieutenant v. Bronsart wurde eiuge-
lassen, uud aus feine Frage uach dem General en chef ward er unerwartet
vor deu Kaiser geführt, der ihm sofort einen Brief an mich übergeben
wollte. Da der Kaiser fragte, was für Aufträge er habe, und zur Aut-
wort erhielt: „Armee uud Festung zur Übergabe aufzufordern", erwiderte
er, daß er sich dieserhalb au deu Geueral v. Wimpffeu zu wenden habe,
der für den blessierten Mae Mahon so eben das Kommando übernommen
habe, und daß er uuumehr seinen Generaladjutanten Reille mit dem Briefe
an mich absenden werde. Es war 7 Uhr, als Reille und Bronsart zu
mir kamen; letzterer kam etwas voraus, und durch ihn erfuhren wir erst
mit Bestimmtheit, daß der Kaiser anwesend sei. Du kannst Dir den Ein-
drnck deukeu, deu es aus mich vor allem uud auf alle machte! Reille sprang
vom Pserd und übergab mir deu Bries seiues Kaisers, hinzufügend, daß
er sonst keine Austräge habe. Noch ehe ich den Brief öffnete, fagte ich
ihm: „Aber ich verlange als erste Bedingung, daß die Armee die Waffen
niederlege!" Der Brief fängt so an: „N'ayant pas pu mourir ä la tete
de nies troupes, je depose mon epee ä Votre Majeste", alles weitere
mir anheimstellend. Meiue Antwort war, daß ich die Art nnsrer Begeg-
nnng beklage und um Seuduug eines Bevollmächtigten ersuche, mit dem
die Kapitulation abzuschließen sei. Nachdem ich dem General Reille den
Brief übergeben hatte, sprach ich einige Worte mit ihm als altem Bekannten,
und so endigte dieser Akt. Ich bevollmächtigte Moltke zum Unterhändler
uud gab Bismarck auf, zurück zu bleiben, falls politische Fragen zur
Sprache kämen, ritt dann zu meiuem Wagen und fuhr hierher, auf der
Straße überall vou stürmischen Hnrrahs der heranziehenden Trains begrüßt,
die überall die Volkshymne anstimmten. Es war ergreifend. Alles hatte
Lichter angezündet, so daß man zeitweise in einer improvisierten Jllumi-
nation snhr. Um 11 Uhr war ich hier und trank mit meiner Umgebung
anf das Wohl der Armee, die solches Ereignis erkämpfte. Da ich am
Morgen des 2. noch keine Meldung von Moltke über die Kapitnlations-
Verhandlungen erhalten hatte, die in Donchery stattfinden sollten, so fuhr
ich verabredetermaßen nach dem Schlachtfeld um 8 Uhr früh und begegnete
Moltke, der mir entgegenkam, um meine Einwilligung zur vorgeschlagenen
Kapitulation zu erhalteu, uud mir zugleich anzeigte, daß der Kaiser früh
5 Uhr Sedan verlassen habe nnd auch uach Donchery gekommen sei. Da