Full text: Lesebuch für ländliche Fortbildungsschulen sowie für landwirtschaftliche Winter- und Ackerbauschulen

III. Der Landwirl in Gemeinde und Slaal. 
Der Mensch ist nicht allein fur sssich geschaffen, 
sondern euqleich fuür sein Vaterland. Pruto. 
95. Die Bürger. 
Was wäre das Haus, was wäre die Stadt, wenn nicht immer 
jeder gedächte mit Lust zu erhalten und zu erneuen 
und zů verbessern auch, wie die Zeit uns lehrt und das Ausland! 
Soll doch nicht als ein Pilz der Mensch dem Boden entwachsen 
und verfaulen geschwind an dem Platze, der ihn erzeugt hat, 
keine Spur nachlassend von seiner lebendigen Wirkung! 
Sieht man am Hause doch gleich so deutlich, wes Sinnes der Herr sei, 
wie man, das Städtchen betretend, die Obrigkeiten beurteilt. 
Denn wo die Türme verfallen und Mauern, wo in den Gräben 
Unrat sich häufet und Unrat auf allen Gassen herumliegt, 
wo der Stein aus der Fuge sich rückt und nicht wieder gesetzt wird, 
wo der Balken verfault und das Haus vergeblich die neue 
Unterstützung erwartet: der Ort ist übel regieret. 
Denn wo nicht immer von oben die Ordnung und Reinlichkeit wirket, 
da gewöhnet sich leicht der Bürger zu schmutzigem Saumsal, 
wie der Bettler sich auch an lumpige Kleider gewöhnet. 
Darum hab' ich gewünscht, es solle sich Hermann auf Reisen 
bald begeben und sehn zum wenigsten Straßburg und Frankfurt 
und das freundliche Mannheim, das gleich und heiter gebaut ist. 
Denn wer die Städte gesehn, die großen und reinlichen, ruht nicht, 
künftig die Vaterstadt selbsi, so klein sie auch sei, zu verzieren. 
Lobt nicht der Fremde bei uns die ausgebesserten Tore 
und den geweißlen Turm und die wohlerneuerte Kirche? 
Rühmt nicht jeder das Pflaster, die wasserreichen, verdeckten, 
wohlverteilten Kanäle, die Nutzen und Sicherheit bringen, 
daß dem Feuer sogleich beim ersten Ausbruch gewehrt sei? 
Ist das nicht alles geschehen seit jenem schrecklichen Brande? 
Bauherr war ich sechsmal im Rat und habe mir Beifall, 
habe mir herzlichen Dank von guten Bürgern verdienet, 
was ich angab, emsig betrieben, und so auch die Anstalt 
redlicher Männer vollführt, die sie unvollendet verließen. 
So kam endlich die Lust in jedes Mitglied des Rates. 
Alle bestreben sich jetzt, und schon ist der neue Chausseebau 
fest beschlossen, der uns mit der großen Straße verbindet. 
Aber ich fürchte nur sehr, so wird die Jugend nicht handeln. 
Denn die einen, sie denken auf Lust und vergänglichen Putz nur; 
andere hocken zu Haus und brüten hinter dem Ofen. 
J. W. v. Goethe,. „Hermann u. Dorothea“. 
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96. Meister Hämmerlein. 
1. Wie Meister Hämmerlein Gemeindeschmied wurde. 
Vor mehreren Jahren starb in meinem Geburtsorte der Gemeinde— 
schmied Jakob Horn. Noch steht er so lebhaft vor meinen Augen, 
daß ich zum Sprechen ihn treffen wollte, wein ich Maler wäre. Im 
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