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nahm und daß davor die Gemeinsreiheit immer mehr zurückweichen
mußte. Er selbst sicherte sich den guten Willen seiner Beamten durch
Gutsübertragungen zu Nießbrauch; sie mußten sich daraus ihm besonders
verpflichten und wurden dadurch seine Vasallen. Namentlich für ge¬
leistete Kriegsdienste erteilte Karl solche Lehen aus dem gewaltigen Königs-
gut, die Grasen und die übrigen Großgrundbesitzer gaben dann wieder
ihren Untergebenen Lehen und erhielten so Lehensaefolgschaften. deren
Führer den berittenen Waffendienst beanspruchten. So entstand neben
dem Fußvolk des allgemeinen Ausgebots mehr und mehr ein Reiter-
Heer der Lehensleute. das jenes verdrängte.
b. Karl und die Kirche. 1) Schon vor seiner Krönung zum
Kaiser fühlte sich Karl als geistlichen Regenten, ausgerüstet mit den
Vollmachten eines zweiten Josia. Nach der Krönung 800 erschien ihm
das ganze Reich als ein Kirchenstaat, nicht von einem ordinierten
Priester, sondern von einem vriesterlickien Kaiser regiert. Auch der
Papst, in dem Karl bei aller Ehrfurcht für benNachsolger Petri doch
nur den ersten Erzbischos seines Reiches sah , mußte ihn als seinen
Herrn anerkennen. 2) Dieser^tellung einsprach seine Thätigkeit. Er
verbot strenge die heidnischen Gebräuche und bekämpfte den Aberglauben.
Er griff auch in das GebteFÜer Kirche ein,"im BUberpreit sogar im
Gegensat? zur römischen Auffassung, indem er die Anbetung der Bilder '• -
für unvernünftig erklärte. Eifrig w«- Karl auf Schaffung eines -
tüchtigen Klerus aus: an allen Bischofssitzen und Klöstern sollen Schulen -
für die Geistlichen errichtet werden, die Bischöfe daraus sehen, daß die
Priester die nötigen Kenntnisse hätten. Auch das Leben der Laien
wurde ins Auge gefaßt. Jedermann hatte an Sonn- und Festtagen
die Kirche zu besuchen, eine Prüfung über Vaterunser und Glauben
zu bestehen, im Falle des Nichtwissens die Bestrafung mit Stockschlägen
zu erwarten.
c. Karls Kulturbestrebungen. 1) Für die .gerstigF Kultur
sorgte er, indem er «) Gelehrte an seinen Hof zog," vor allem den
Angelsachsen Alcuin.(Abt von Tours), der fast die Stelle eines Unter-
richts- oder Kultministers einnahm, den Langobarden Paulus Di.5-
konus. den Geschichtschreiber der Langobarden und Karts'llehrer im
Griechischen, Petrus von Pisa, den Dichter Angilbert und seinen Ge-
fchichtfchreiber Eginhard oder Einhard. /?) Er pflegte das Schul-
wesen, ließ durch Alcuin eine Hosschule errichten, in der vor allem
die vornehme Jugend zu geistlichen und Staatsämtern ausgebildet
werden sollte; richtete serner Bischofs- und Klosterschulen ein und hat
sich sogar schon mit dem Plan der Errichtung allgemeiner Volksschulen
getragen. ?) Er versäumte auch die Pflege deutscher Sprache und Dich-
tung nicht: er veranstaltete eine Sammlung der alten deutschen Helden-
gesänge, gab den Monaten und Winden Namen, wollte sogar eine
deutsche Grammatik zusammenstellen, tf) Auch die Lnnst..sand Pflege
durch Palast- und Kirchenbauten. Das Münster iiTEachen wurde ein
Ausgangspunkt sür die weitere Entwicklung der Kunst. 2) Auch für
bifrirj n t pr i7(Tp\6nftiir npjrfinfi manches. Ohne Zweifel hat die musterhafte
BewrrkschaMng der königlichen Domänen vielfach zu einem besseren
Betrieb b e antüti.ij.tl^_a.,ft angeregt. Auch der Handelsverkehr.
immer noch sehr unentwickelt, verdankte dem Kaiser etwas. Er ließ