Full text: Geschichte des Altertums (1)

Griechenland und die Hellenen. 
Wie kein anderes Land unseres Erdteils erfreut sich Griechen¬ 
land einer reichen Küsten- uud Höhengliederung. Seine Küsten¬ 
linie bewegt sich fast in einem ununterbrochenen Wechsel von Halb¬ 
inseln uud Golfen, denen die schönsten Inseln vorgelagert sind/ So 
hatte schon die Natur Griechenland zur Heimat der Schiffahrt und 
des Handels in Europa bestimmt. Die mannigfaltige Hohen- 
gliedernng des Landes, das Berge bis zu 3000 m Meereshöhe, 
Gebirgsterrassen, Hügelland uud Ebene in buntem Wechsel enthält 
und durch seine gitterartig sich verbreitenden Gebirgslinien in eine 
Menge kleiner Landschaften geteilt ist, hinderte die Griechen ebenso 
sehr daran, sich zu einem Reiche zufammeuzuschließeu, als es die 
Entwickelung kleiner staatlicher Gemeinwesen begünstigte. Quelleu- 
Erzeugnisse. uud waldreich und mit einem milden Klima gesegnet, lohnte es 
überall die Arbeit des Menschen, dem es besonders Getreide, Öl, 
Wein, Feigen und andere Südfrüchte spendete. Der Bergbau lieferte 
Silber, Kupfer und Eisen, die Viehzucht unsere Haustiere, darunter 
gute Pserde in Thessalien uud Schase wie Ziegen in den gebirgigen 
Teilen. 
Bolk. Die Griechen oder Hellenen^) gehören der mittelländischen 
Menschenrasse und dem indogermanischen Sprachstamme an. In 
vorgeschichtlicher Zeit hatten sich ihre Vorfahren von den übrigen 
Jndogermanen getrennt, waren nach Südwesten gewandert und 
hatten den Süden der Balkanhalbinsel eingenommen. Dort er¬ 
wuchsen sie infolge ihrer reichen geistigen Begabnng. der glücklichen 
Natur ihres Landes und des frühen Verkehrs mit den asiatischen 
Phöniziern zum ältesten Kulturvolk Europas. Besonders auf den 
Gebieten der Wissenschaften und vor allem der Künste haben 
sie zuerst Mustergültiges sür alle Zeiten und Völker hervorgebracht?) 
') So benannt nach Höllen, dem Sohne des Denkalion und der 
Pyrrha, welches Menschenpaar der Sage nach sich allein aus der Sintflut 
gerettet hat und dem. die gütigen Götter zur Erneuerung des Menschengeschlechts 
beistehen. Dieser Sage von Denkalion und Pyrrha widerspricht diejenige von 
Prometheus, der den neidischen Göttern das Feuer, die Grundlage der Kultur, 
entreißt; ebenso widerspricht ihr die Erzählung von der Pandora (d. i. Ge¬ 
samtgabe, da ihr jede Gottheit ein Geschenk gibt), durch welche allein alle Übel 
in die Welt kommen. 
2) Daß sie die Anfänge ihrer hohen Kultur zum Teil fremden Einflüssen 
verdanken, daraus weisen schon ihre Sagen von Einwanderern hin. So gründete 
Kekrops aus Ägypten die Akropülis in Athen. — Kadmos kam auf der 
Suche nach seiner Schwester Europa, die von Zeus (in Gestalt eines Stieres« 
entführt worden war, nach Theben, erbaute die Kadmea und brachte die kad- 
meischen Zeichen (d. i. die Schrift) aus Phönizier: mit. — Danüos entfloh mit 
den Danaiden (feinen 50Töchtern) aus Ägypten nach Arges. („Les Danai'des“ 
par Snlly Prudhomme.) — Pelops, der Sohn des Tantalus, kam aus Klein¬ 
asien und wurde in dem nach ihm benannten Peloponnes (d. i. Pelopsinfel) der 
Urahn der Iphigenie. (Sieh deren Stammbaum in Goethes „Iphigenie" I, 3 
und II, 2.)
	        
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