Zügel haltend; kaum durften sie wagen, leise Worte zu wechseln. Mit
Tagesgrauen brachen sie auf und rückten unter Vermeidung der Ort¬
schaften auf der Straße nach Wörth vor. Gegen Mittag stellte es sich
heraus, daß eine Rast zum Füttern und namentlich auch zum Tränken
der Pferde gemacht werden müsse. Dies konnte, da sonst kein Wasser zu
entdecken war, nur an einem Brunnen geschehen. Ein solcher mußte sich
auf dem Scheuerlenhofe befinden, einem einsamen Gehöfte, in dessen
Nähe man gelangt war. Möglichst schnell tränkte man die erschöpften
Rosse und warf ihnen Futter vor. Eben wurde für die Reiter eine
Schüssel dampfender Kartoffeln aufgetragen, — da rief der ausgestellte
Posten mit gellender, nichts Gutes verheißender Stimme: „Raus!"
Dm vollen Galopp jagten mehrere feindliche Reiterabteilungen in den
Hof, und sofort entspann sich ein hitziges Gefecht. Zunächst galt es, sich
über den Hos zu den Pferden durchzuschlagen. Bei der starken Übermacht
konnte der Widerstand nicht von langer Dauer sein. Schon eine Minute
nach Beginn des Kampfes waren alle fünf Dragoner schwer, zwei
Leutnants leicht verwundet; der dritte Offizier aber lag tot am Boden.
Um zu prüfen, ob hinter dem Hause ein Entkommen möglich wäre,
lief Graf Zeppelin nach der Hintertür. In ihrer Nähe hielt eine
Bauernfrau ein französisches Pferd am Zügel. Mit ein paar Sprüngen
war der Graf dort und saß im Sattel. Er hoffte, daß die andern ihm
folgen würden; darum verweilte er noch einige Augenblicke, aber ver¬
gebens. Der Masse der Feinde war es bald gelungen, die sieben verwun¬
deten deutschen Krieger zu überwältigen und gefangen zu nehmen.
Endlich wurde auch der Graf entdeckt und von einem Trupp verfolgt; er
mußte fliehen.
Zum Glück war das Pferd gut. Ein kleines Gehölz brachte seine
Verfolger von ihm ab. Kaum hatte er im vollen Rosseslaufe ein zweites
Gehölz erreicht und in einem Dickicht Halt gemacht, als dicht vor ihm ein
Zug Chasseurs vorübergaloppierte. Er blieb jedoch unentdeckt. Was
sollte aber werden, wenn die Suche bedächtiger und eingehender fortge¬
setzt wurde, wenn das Pferd nicht in seiner Ruhe verharrte! Ein Laut,
eine Bewegung des Tieres mußte das Versteck von Roß und Reiter ver¬
raten. Darum band der Graf sein Roß im Dickicht fest und eilte, indem
er die schattigeren und dichteren Stellen benutzte, tiefer ins Holz. Dort
erkletterte er einen hohen Baum, um sich in dessen Krone zu bergen und
einen besseren Ausblick zu gewinnen. Bald folgte dem ersten ein zweiter
Zug Chasseurs; endlich noch ein dritter. Sie sprengten durch und um
das Gehölz nach allen Richtungen. Mehrmals konnte er sie von seinem