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Herrn zu Füßen stellte. „Ist das alles?“ fragte Ludwig. — „Alles,
Majestät, was wir auf weit und breit haben finden können.“ —
„Nun,“ sagte lächelnd der Kaiser, „dann müssen wir gewissenhaft
teilen, damit keiner von den braven Rittern hier ganz hungrig schlafen
gehe. — Ihr Herren," fuhr er fort, „tretet in den Kreis, damit jeder
seinen Anteil empfange.“ Nun zählte er selbst die Eier und fand, daß
nur eins mehr war, als Ritter umherstanden. „Gott segne uns das
wenige, was er uns beschert hat!“ rief er, indem er selbst ein Ei
nahm, und zu seinem Diener sich wendend: „Jetzt teile du aus! jedem
ein Ei, dem frommen Schweppermann zwei!“ Dem alten Krieger
gingen die Augen über, als er sah, wie er von seinem Kaiser geehrt
wurde. Zwar bat er und noch mancher andere Ritter, der Kaiser
möge doch erst besser für sich sorgen, sie würden schon noch etwas
finden; aber Ludwig beharrte bei seinem Ausspruche. „Ich habe nicht
mehr gethan als ein jeder brave Ritter; aber der Schweppermann hat
mehr gethan als ein Dutzend von uns; ihm gebührt die Ehre!“ —
Noch jetzt, nach 500 Jahren, liest man des Kaisers Worte: „Jedem
ein Ei, dem frommen Schweppermann zwei!“ auf dem Grabsteine
des letztem. Curtmann.
70. Aus Luthers Leben,
a) Luthers Jugend.
Doktor Martin Luther wurde am 10. November 1483 zu Eisleben
geboren. Sein Vater, Hans Luther, ein Bergmann, hatte den Ruhm
eines ehrbaren, verständigen Mannes, wie er denn auch in den Ratsstuhl
zu Mansfeld gezogen wurde, wo er sich mit seiner Familie niedergelassen
hatte. „Ich bin eines Bauern Sohn," sagte Martin Luther nachher, „mein
Vater, Großvater und Ahnherrn sind rechte Bauern gewest." Seine Mutter,
Margareta, geborene Ziegler, war als eine tugendsame und gottesfürchtige
Frau bekannt und hat deshalb auch nicht geringen Anteil an der frommen
Erziehung ihres Sohnes genommen. Im vierzehnten Jahre seines Lebens
ward er in eine Schule nach Magdeburg geschickt. Daselbst mußte er sich
sein Brot mit Beten und Singen vor den Thüren erwerben und sich gar
kümmerlich behelfen; im folgenden Jahre wurde er in die Schule zu Eisenach
gethan, wo es ihm eben auch nicht besser ging. An manchen Orten ab¬
gewiesen, oft auch nicht wenig verzagt, wurde er endlich von Konrad Cottas
Ehefrau, welcher sein andächtiges Beten zu Herzen gegangen war, liebreich
ins Haus und an den Tisch genommen. In der Franziskanerschule daselbst
brachte es Luther bei Fleiß und glücklichen Gaben, mit denen ihn Gott
reichlich ausgestattet hatte, so weit, daß er bald seine Mitschüler alle über¬