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919—1273. II. Periode. Von der Gründung des
Teutschen Reiches durch Heinrich I. bis zu Rudolf von
Habsbnrg. Das Deutsche Reich in seiner Bliüe.
L Sie Lirchc. Das Papsttum richtet sich nach den Zeiten tiefen Verfalls im 10. Jahr¬
hundert durch das Kaisertum Ottos I. und nachmals Heinrichs III. seit
dem Streite mit Heinrich IV. wieder auf. Das Wachstum der
Papstesmacht war vorbereitet durch die Cluniacenser und ihre
Kirchenreform, angeregt durch deu Abt Odo (927—941) von dem
burguudischen Kloster Cluny. Die Cluniacenser wollen die verweltlichte
Kloster- und Weltgeistlichkeit zu strengem kanonischen Leben zurückführen
sowie die Simonie und die Priesterehe beseitigen und die Laien¬
investitur, d. i. die Einsetzung geistlicher Würdenträger in ihre Stellen
durch weltliche Herren, Fürsten und Könige, verhindern. Simonie heißt
Ler Kauf geistlicher Ämter nach Simon dem Magier (Apostelgeschichte 8,18).
„Kauf" von geistlichen Ämtern ist im weitesten Sinne zu nehmen, auch
Zusicherung weltlicher Vorteile fallen unter diesen Begriff. Die Priester-
ehe war früh schon für die drei oberen Grade der Geistlichen (Bischöfe,
Presbyter, Diakonen), dann auch für die niederen untersagt, ohne daß
jedoch die Ehelosigkeit (das Cölibat) allgemeines Gesetz geworden wäre,
namentlich in Deutschland nicht.
Gregor VII. befreite den päpstlichen Stuhl von der Oberherrschaft
des Kaisertums, und Innocenz III. erhob das Papsttum zu einer
weltbeherrschenden Stellung. Zu der Machtstärkung des Papsttums hat
derKampsdesChristentumsgegendenJslaminSpanien
und in den Kreuzzügen sehr viel beigetragen. Die streitbare
Macht des Papsttums wurden die in dieser Zeit neugebildeten Mönchs¬
und Ritterorden:
1. Die Karthäuser (1084), nach dem bei Grenoble gegründeten
Kloster Karthusia genannt, lebten nach einer äußerst strengen
Regel und wechselten fast nie ein Wort;
2. die Cisterzienser (1198), gegründet bei Dijon in Bnrgnnd,
nach ihrer Ordenstracht die „weißen" Mönche genannt und
3. die Prämonstratenser, gegründet bei Laon, ebenfalls weiße
Ordenstracht; beide Orden haben sich verdient gemacht durch
ihre Kulturarbeit in wendischen Gebieten;
4. die Franziskaner oder Minoriten, die „grauen" Mönche, ge¬
stiftet von Franz von Assisi (1209);
5. die Dominikaner, gestiftet (1216) von Domiuikus in Kastilien,
einem Zeitgenossen des Franz von Assisi; Predigermönche, die
den ketzerischen Richtungen in der Kirche entgegentreten sollten.
(Inquisition, Konrad von Marburg);
6. die Augustiner, durch Papst Alexander IV. gestiftet (1256).
Die letzten drei Orden bildeten die Bettelorden.
Die Ritterorden: Johanniter, Templer, Deutschritter (S. 105).
Die hohe Stellung des Papsttums rief angesichts der zunehmenden
Verderbnis des Klerus eilte Gegenbewegung (Reaktion) in weiten
Kreisen hervor. Auf politischem Gebiet bekämpfte Arnold von
Brescia die weltliche Macht der Kirche (1155 auf dem Scheiterhaufen
verbrannt); auf dem Gebiete des kirchlichen Lebens forderten die refor-
matorischen Sekten der Katharer (Ketzer) am Rhein und der Wal¬
denser in Südfraukreich (gestiftet um 1180 von Petrus Waldus aus
Lyon) die Herstellung der Zustände der ältesten christlichen Kirche. Gegen
solche Ketzerei wurde durch Papst Jnnocenz III. die Inquisition
Aeinze, Geschichte. 6