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Pferche umgab. Daran schlossen sich die leichten Hütten oder Zelte
der Menschen, auch ringsum durch Graben mit Hecke oder Wall
geschützt. Die Verteidigung war um so leichter und erfolgreicher,
je weniger gefährdete Angriffsstellen der Feind fand; darum gab
man der ganzen Anlage nur einen Ausgang. Wirtschaftliche unb
militärische Zwecke schnsen so einen besonderen Typus der Siedeluug.
Als nun die Slawen, weil in der Weiterwanderung durch die Germanen
gehindert, von der nomadisierenden Weidewirtschaft allmählich zum
Ackerbau übergingen und seßhaft wurden, war nichts natürlicher,
als daß sie die altgewohnte Siedelungsform beibehielten.
Ähnliche wirtschaftliche nnd militärische Vorteile bot die An¬
lage des Straßendorfes.
Die zunehmende Bevölkerung brauchte Wohnungsboden. Beim
Rundling war freier Raum an der Ausgangsstraße, beim Straßen¬
dorf an beiden Enden. So dehnte sich das ursprüngliche Runddorf
zur Form des Beutels, das Straßendorf streckte sich in die Länge.
Als die Weidewirtschaft mehr und mehr zurücktrat, als die Weide-
tiere Haustiere wurden und damit vom Anger verschwanden, ward
dieser ein freier Platz. Es scheint, daß man in vielen Orten auch die
Kultstätte dahin legte. Ein altes Buch von Hart kn och (Alt- und
neues Preußen, Frankfurt 1684) zeigt S. 116 ein altpreußisches
Romowe (abgebildet bei Tetzner, Die Slawen in Deutschland S. 20),
d. H. ein Heiligtum mit den Götterbildern und dem heiligen Feuer in¬
mitten eines Runddorfes. Was war natürlicher, als daß das Chri¬
stentum, schon um seinen Sieg über das slawische Heidentum auch
äußerlich darzustellen, seine Kultorte, die Kirchen, an die Stelle der
alten setzte! Wie überall so verstanden die christlichen Missionare
auch hier, an das Vorhandene, Gegebene anzuschließen; und so würde
sich auf leichte Weise die Tatsache erklären, daß wir in den Rund¬
lingen und Straßendörfern die Kirche regelmäßig in der Mitte finden.
Rundlinge finden sich vornehmlich zwischen Saale, Elbe und
Oder, Straßendörfer da weniger, doch fast ausschließlich östlich der
Oder. An den Ufern der Saale treffen wir deutsche und slawische
Dorfformen bei- und untereinander, so bei Weimar die Runddörfer
Possendorf, Legefeld und Tiefengruben neben den Haufenorten
Berka a. I., Buchfart und der Waldhufenkolonie Tannroda. Auf der
Generalstabskarte von Halle und feiner Umgebung ist der scharfe
Gegensatz deutlich erkennbar. Links der Saale liegen 8 deutsche
Haufendörfer, zu denen noch 3 aus dem rechten Saaleufer gehören,
rechts des Flusses aber lassen sich trotz der zahlreichen Anbauten
aus neuerer Zeit 6 slawische Runddörfer und 12 Straßendörfer deut¬
lich erkennen. Doch haben nicht alle Dörfer mit slawischer Dorf-