Contents: Von Luther bis zum Dreißigjährigen Krieg (Teil 4)

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mit dieser deutschen Bestie zu thun haben: denn sie hat tiefe Augen nnd 
wunderbare Spekulationen im Kopf." Und Luther schrieb in einem Brief nach 
Wittenberg: „Der Kardinal ist ein schlechter Theologe oder Christ nnd geist¬ 
liche Dinge zu richten so geschickt wie ein Esel zum Lautenschlagen." 
Jndesfen mehrte sich in Augsburg das Gerücht, der Kardinal wolle den 
hartnäckigen Mönch gefangen nehmen und ihn gefesselt nach Rom führen. 
Da drangen feine Freunde in ihn, er solle möglichst schnell die Stadt ver¬ 
lassen. Luther schrieb noch rasch einen Abschiedsbrief an Cajetan und ließ von 
einem Rechtsgelehrten eine Berufung von dem übel berichteten Papst an den 
besser zu berichtenden Papst aussetzen, die an die Kirchthüre angeschlagen werden 
sollte. Dann wurde ihm am frühen Morgen ein Pförtlein in dec Stadtmauer 
geöffnet, ein Pferd für ihn und ein berittener Knecht stand bereit, und so 
ritt denn Bruder Martinus in seiner Kutte ohne Stiesel und Sporn acht 
Meilen weit nach Nürnberg zu. Steif vom Reiten und zum Tode erschöpft fiel 
er des Abends in die Streu. Nach 12 Tagen, gerade am 31. Oktober 1518, 
erreichte er Wittenberg. 
16. Luther vor Miltitz in Altenburg 
Am liebsten wäre Rom jetzt mit dem Bannstrahl dreingefahren, aber 
man wollte aus guten Gründen den Kurfürsten nicht verletzen, und dieser war¬ 
fest entschlossen, seinen Professor nicht ungehört und unwiderlegt verdammen 
zu lassen. Da versuchte Rom einen anderen Weg, um den Kurfürsten zu be¬ 
wegen, seine schützende Hand von Luther abzuziehen. Der Papst beauftragte 
nämlich seinen Kammerherren, den sächsischen Edelmann Karl von Miltitz, dem 
Kurfürsten die geweihte goldene Rose*) zu überreichen und ihn durch diese hohe 
Auszeichnung willfährig zu machen; zugleich solle Miltitz noch einmal mit 
Luther verhandeln. In dem Begleitbrief schrieb der Papst, sein „lieber Sohn", 
der Kurfürst, solle von dem göttlichen Duft der Blume fein Herz durchdringen 
lassen und dann des Miltitz Verfahren gegen den „Sohn des Verderbens", der 
in seinem Lande Ketzerei predige, mit seiner Gunst und Macht unterstützen. 
Miltitz ließ die Rose vorsichtig in Augsburg bei den Fuggern zurück, 
besuchte den.Kurfürsten nnd berief dann mit feiner Erlaubnis Luther nach 
Altenburg. 
*) Die goldene Rose bedeutete (nach Jes. 11, 1 und 53, 2) Jesum Christum; sie wurde 
alliährlich am Sonntag Latäre vom Papst geweiht und dann einem vornehmen Christen als 
Anerkennung semes Eifers für Religion und Kirche zugeschickt, etwa wie heute ein boher 
Orden.
	        
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