56 Erster Teil. Das Altertum.
Gebiete (Politik, Physik re.) erstreckte sich das Denken Platos. Seine
Schriften sind meist in Form von Zwiegesprächen gekleidet, welche
mit hervorragender Kunst der Entwickelung der Gedanken dient
(Titel einiger Dialoge: Gorgias, Protagoras, Menon u. ct.).
385 Ein Schüler des Plato war Aristoteles aus Stagira (385—322),
322 ber umfassendste Gelehrte und Denker des Altertums. Sein Jn-
teresse ging mehr der Erforschung der wirklichen Dinge zu (Realis¬
mus), und für die Erkenntnis der Gesetze des Denkens, der Kunst,
der Natur, des staatlichen Lebens, der Moral hat er die weittragend¬
sten Anregungen gegeben. Aber auch die höchsten Fragen,' mit
denen sich Plato vorwiegend beschäftigte, hat Aristoteles mit tiefem
Eindringen behandelt (Metaphysik). Wie Plato in dem Hain
Akademos lehrte und daher der Stifter der Akademie wurde, fo
trug Aristoteles seine Lehren in dem Lykeion zu Athen auf Spazier¬
gängen (Peripatos) vor. woher seine Anhänger die Peripatetiker
heißen. — (Der Unterschied in dem Charakter beider Philosophen
ist von Raffael auf seinem Bilde „die Schule von Athen" dargestellt.)
Von den Philosophenschulen nach Plato und Aristo¬
teles seien erwähnt:
380 a) Die kyrenaische, gegründet von Aristippos (ca. 380),
welche heiteren Genuß des Lebens als den Zweck desselben hin¬
stellte und übte;
300 b) die epikureische (ca. 300), gegründet von dem Samier
Epikur. Nach ihrer Lehre besteht die Glückseligkeit in dem klugen
und maßvollen Genusse, zumal dem geistigen. Aber bald artete
das Leben der Epikuräer geradezu in Genußsucht aus;
e) die cynische, deren Stifter Antisthenes, deren Hanpt-
350 Vertreter aber der berüchtigte Diogenes von Sinope (ca. 350)
war, der das Glück zu erreichen vermeinte, indem er alle Bedürf¬
nisse der Menschen verurteilte und wie ein Tier lebte;
330 d) die stoische, gestiftet von Zenon (ca. 330). Sie sah
den sichersten Weg zum Glücke in unbedingtem Gleichmut dem
Schicksale gegenüber. Alles, was geschieht, ist ihr eine Naturnot¬
wendigkeit, gegen die weder der Mensch noch die Götter ankämpfen
können. „Stoischer Gleichmut"; „stoische Weltverachtung";
6) die skeptische. Die Skeptiker zogen alles Bestehende, alle
Wahrheit in Zweifel, ohne darum im Zweifel die Wahrheit
zu finden.