49. Die Christenverfolgungen.
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die heiligen Bücher aus, oder erwarben durch Bestechung einen Schein, als ob sie
geopfert hätten. Solche hießen Gefallene. Die Mehrzahl der Gläubigen aber
bekannte fest und fröhlich auch unter Marter und Todesqual. Diejenigen, welche
ihr Bekenntnis mit dem Tode besiegelten, wurden Märtyrer oder Blutzeugen
genannt; die aber Verfolgung litten, ohne darin umzukommen, hießen Be¬
kenner. Märtyrer und Bekenner wurden hoch geehrt. — Gewöhnlich wird die
Zahl der Verfolgungen, durch welche die Kirche unter den römischen Kaisern heim¬
gesucht wurde, auf zehn angegeben. Die erste, welche unter Nero stattfand, ist be¬
reits erwähnt; im folgenden soll einiges aus den übrigen Verfolgungen erzählt
werden.
3. JglMliUs (f 116). Der fönst treffliche Kaiser Trajan, an den
noch heute die berühmte Trajanssänle in Rom erinnert, erließ zuerst bestimmte
Strafgesetze wider die Christen. Das berühmteste Opfer der trajauifchen Verfolgung
ist Ignatius, Bischof von Antiochien. Er war ein Schüler des Apostels
Johannes und nach der Sage eins der vom Herrn gesegneten Kinder. Als einst
Trajan nach Antiochien kam, ging Ignatius zu ihm, um seinen Zorn zu besänftigen.
Doch heftig fuhr ihn der Kaiser an und sprach: „Da auch du, wie du bekennst,
den Gekreuzigten im Herzen trägst, sollst du gebunden nach Rom geführt und zur
Belustigung des Volks den wilden Tieren vorgeworfen werden!" Ans seiner Reise
Röstete und stärkte Ignatius noch unzählige seiner Glaubensgenossen. Er wollte
nicht, daß man für ihn um Gnade bitte. „Ich bin ein Weizenkorn Gottes", sprach
ct> „und muß von den Zähnen der wilden Tiere zermahlen werden, um als reines
^8rol erfunden zu werden." Die hungrigen Bestien fielen ihn vor den Augen der
schaulustigen Menge so grimmig an, daß er in wenigen Augenblicken zerrissen war.
4. PoltMlH (f 167). Eine schwere Zeit durchlebte die Kirche unter
Kaiser Mark Aurel, welcher, obwohl sonst einer der besten Kaiser, die Christen
al§ vermeintliche Feinde des Staates bitter haßte. Der größte unter den Mär-
ihrem dieser Zeit ist der 90jährige Polykarp, Bischof von Smyrna. Viele
in Smyrna vollzogene Hinrichtungen hatten den Blutdurst des Volkes nur noch
gesteigert. „Auch Polykarp muß sterben!" schrie man, „er ist der Christen Vater."
Da mahnten die Freunde den Greis, sein Leben zu retten. Widerstrebend gab er
"ach und verbarg sich in einem Landhause. Doch bald erschienen Kriegsknechte,
ihn zu holen. „Des Herrn Wille geschehe!" sprach gottergeben Polykarp. Die
Häscher aber waren betroffen über den Anblick des ehrwürdigen Greifes, der ihnen
mit stiller Heiterkeit entgegentrat. Er ließ ihnen eine Erquickung reichen und be¬
reitete sich durch inniges Gebet zum Todesgange. Nun führten sie ihn nach der
Stadt und auf den Marktplatz. Dort hatte sich eine unermeßliche Menschenmenge
Per sammelt, die den Ankommenden mit lautem Geschrei empfing. Der Richter aber
tyrach zu ihm: „Fluche deinem Christus!" Polykarp entgegnete: „Sechsundachtzig
Stthre diene ich ihm, und er hat mir noch nie etwas zuleide gethan. Und wie
foltte ich meinem Könige fluchen, der mich selig gemacht hat?" Der Richter sprach:
"Ich habe wilde Tiere!" „Laß sie kommen!" erwiderte Polykarp. „Wenn du die
^iere verachtest", fuhr der Richter fort, „so werde ich dich dem Feuer über¬
antworten." Ruhig sagte der Greis: „Du drohest mit einem Feuer, das nur
E^rze Zeit brennt und bald erlischt; aber du weißt nichts von dem Feuer des zu¬
künftigen Gerichts, das für die Gottlosen bereitet ist. Doch warum zögerst du?
Laß kommen, was du willst!" Nun verdammte ihn der Richter zum Feuertobe,