314 142. Erstürmung d. Tuilerien; Absetzung u. Hinrichtung d. Königs.
erklärte: „Wenn der König auch gar kein Verbrechen begangen hätte, so
hätte er doch schon deshalb den Tod verdient, weil er König gewesen ist."
Und ein anderer sagte: „Könige sind Raubtiere; beide muß man aus¬
rotten!" Endlich schritt man zur Abstimmung, und Ludwig wurde mit
einer Mehrheit von wenigen Stimmen zur Hinrichtung verurteilt.
Auch der Herzog von Orleans stimmte für seinen Tod, was selbst die
Jakobiner niederträchtig fanden.
5. Hinrichtung des Königs (21. Jan. 1793). Der für die Hin-
richtnng bestimmte Tag erschien. Schon am Abend vorher hatte der König
von Frau und Kind einen schmerzensvollen Abschied genommen. Jetzt
empfing er das heilige Abendmahl und bestieg, von einem Geistlichen und
zwei Gendarmen begleitet, einen bereitstehenden Wagen, der ihn langsam
durch die Straßen führte. Der Weg bis zum Schafott war mit doppelten
Reihen von Soldaten besetzt; alle Thüren und Fenster waren geschlossen;
Todesschweigen lag über der Stadt. Auf dem Konkordienplatze stand die
Guillotine (Gijotine), ein neuerfundenes Fallbeil, welches die Arbeit
des Köpfens mit furchtbarer Raschheit und Sicherheit verrichtete. Ludwig
bestieg das Schafott; der Priester segnete ihn mit den Worten: „Sohn
des heiligen Ludwig, steige gen Himmel!" Erst wollte der König nicht
leiden, daß die Henker ihm die Hände auf den Rücken banden; als jedoch
der Geistliche ihn an das Beispiel des Heilandes erinnerte, sprach er:
„Nun, so will ich den Kelch bis auf die Neige trinken!" Hierauf trat er
an den Rand des Schafotts und sprach zu der zuschauenden Menge:
„Franzosen, ich sterbe unschuldig. Ich vergebe meinen Feinden; möge
mein Blut nicht über Frankreich kommen!" In diesem Augenblicke be¬
gannen die Trommeln zu wirbeln und erstickten seine Stimme. Die
Henker ergriffen ihn, und sein Haupt fiel. Einer der Henkersknechte
hob es empor und zeigte es dem Volke. Der Pöbel stieß ein Freudeu-
gebrnll aus, welches sich weithin fortpflanzte bis zu dem Gefängnisse, wo
die königliche Familie auf den Knieen lag. Wie wahnsinnig umtanzten
die Jakobiner das Blutgerüst. So endete Ludwig XVI. Er büßte für
die Sünden feiner Vorfahren; aber sein Blut ist wiederum schrecklich über
sein verbrecherisches Volk gekommen.
6. Die Familie des Königs. Noch in demselben Jahre fiel auch
das Haupt der Königin. Wie eine gemeine Verbrecherin wurde sie, die
Tochter Maria Theresias und einst bewunderte Königin Frankreichs, auf
einem offenen Karren zum Richtplatze geführt. Sie starb mit stiller
Ergebung. Dasselbe Schicksal traf die Prinzessin Elisabeth, Ludwigs
fromme Schwester, die dem Königspaar im Unglück ein wahrer Trostengel
gewesen war. Schlimmeres als Hinrichtung widerfuhr dem achtjährigen
Dauphin (fpr. Dofäug — Kronprinz). Man gab den liebenswürdigen
und hoffnungsvollen Knaben einem verworfenen Bösewicht, dem Schuster
Simon, ins Haus, welcher durch Schläge, Hunger, Frost und empörende
Mißhandlungen sein junges Leben knickte, so daß er nach zwei Jahren
starb. Gerettet wurde von der königlichen Familie nur Ludwigs
Tochter; sie wurde an ihrem 17. Geburtstage gegen mehrere gefangene
Franzosen an Österreich ausgewechselt und ist später die Gemahlin eines