Full text: Bilder und Lebensbeschreibungen aus der Weltgeschichte

32 14. Der trojanische Krieg (Schluß). 
gaben sich auf die Schiffe, fuhren aber nur bis nach der nahen Insel 
Tenedos. Als die Trojaner den Rauch von dem Lager in die Luft 
steigen sahen und auch kein feindliches Schiff mehr erblickten, strömten sie 
voll Freuden aus der Stadt, um die verlassene Lagerstätte zu besehen. 
Dort fanden sie das hölzerne Roß. Einige rieten, es zu verbrennen; 
andere wollten es in die Stadt schaffen. Während sie stritten, trat der 
Priester Laokoon in ihre Mitte und sprach: „Unselige, traut dem 
Pferde nicht! Meint ihr, eine Gabe der Griechen berge keinen Betrng? 
Kennt ihr den listigen Odyssens so wenig?" Dabei schlenderte er eine 
Lanze gegen den Bauch des Rosses, und es ertönte aus dem Innern wie 
leises Waffeugeklirr. Aber die Trojaner blieben verblendet, und ein 
besonderer Vorfall bestärkte sie in ihrem Wahn. Laokoon hatte sich zum 
Opfer an den Meeresstrand begeben; da kamen zwei große Schlangen von 
Tenedos herübergeschwommen und erwürgten ihn samt seinen beiden 
Söhnen. Nun waren die Trojaner gewiß, Laokoon habe gefrevelt unb 
sei dafür von den Göttern gestraft worden. 
^Inzwischen brachten trojanische Hirten einen Griechen herbei, den sie 
im Schilfe des Ufers gefangen hatten. Sinon hieß er. „Jetzt bekenne", 
hieß es, „was ist es mit dem Pferde?" Das eben hatte der Arglistige 
gewünscht; denn er war von seinen Landsleuten zurückgelassen, um die 
Trojaner zu täuschen. „Ach nein", jammerte er, „das kann und dars ich 
nicht sagen; lieber tötet mich aus der Stelle!" Um so neugieriger wurden 
die Trojaner. Endlich gab Sinon mit erheucheltem Wiberstreben ihren 
Bitten und Drohungen nach. „So hört benn!" rief er. „Die Griechen 
schiffen jetzt nach Hause. Sie fürchteten aber, baß ber Zorn ber Pallas 
Athene, der beleidigten Schutzgöttin eurer Stadt, ihnen auf der Heimfahrt 
verderblich werden möchte; deshalb haben sie ihr auf den Rat des Priesters 
dieses Sühnegefchenk geweiht. Dabei ängstigte sie nur der Gedanke, daß 
das Pserd in eure Stadt gelangen könne; denn in diesem Falle wirb Troja 
nach bern Ausspruche des Priesters unüberwindlich sein und ringsum die 
Völker beherrschen. Um dem vorzubeugen, haben sie eben das Roß so 
groß gebaut, daß es nicht durch eure Thore geht." So sprach der listige 
Grieche, und die Trojaner glaubten seinen lügnerischen Worten. Eiligst 
brachten sie Räder unter dem Pserde an, rissen das Thor und einen Theil 
der Stadtmauer nieder und zogen jubelnd das Roß durch die Lücke bis 
nach der Burg. Dann überließen sich alle der Freude bei Schmaus und 
Gelag; durch die ganze Stadt erscholl Musik und Gesang, und von Wonne 
und Wein berauscht, sanken zuletzt die Trojaner in einen tiefen Schlaf. 
2. Trojas Fall. Schrecklich sollte diese Nacht für die ahnungs¬ 
lose Stadt werden; denn Trojas letzte Stunde war gekommen’ Als 
alles schlummerte, lies Sinon ans Meer und gab durch eine brennende 
Fackel den Griechen, die sich heimlich wieder dem Strande genähert hatten, 
das verabredete Zeichen. Hierauf schleicht er nach dem Pferde, öffnet die 
Thür, und heraus ans betn finstern Bauche steigen bte geharnischten Helden. 
Sie gehen nach den Thoren, erstechen die schlaftrunkenen Wächter und öffnen. 
Mit wildem Kriegsgeschrei dringen nun die Scharen der Griechen in die 
wehrlose Stadt. Zu spät bemerken bie Trojaner ben Verrat unb raffen sich auf
	        
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