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Zweiter Abschnitt. Griechen.
Wanderungen, namentlich die Verbreitung der Thcssalier über
das nach ihnen benannte Land, dessen ältere äolische Bevölkerung
theils zu Leibeigenen chPenesten), theils zu tributären Unterthanen
gemacht wurde, und die dadurch bewirkte Wanderung der Böo-
ter nach Böotien 1124'), veranlaßten innere Verwirrungen, welche
im Anfänge des folgenden Zeitraums noch vermehrt wurden *).
Zweiter Zeitraum- Bis auf den Anfang der Perserkriege. 490*).
Ausbildung der griechischen Staatsverfassungen. Verbreitung der Griechen au¬
ßerhalb ihrer Heimakh.
Die Heracliden *), erst vom stammverwandten Eurystheus,
dann von den Pelopiden von ihrem Erbtheile im Peloponnes aus¬
geschlossen, erzwangen sich, begleitet von Doriern, bei welchen sie
*) Die homerischen Gedichte, namentlich JliaS XIV, — 608, ver¬
anschaulichen den Zustand Gricchenland's als eines wohlangcbautcn Landes;
einsichtige Betreibung der Landwirthschast gab Wohlstand; die Bearbeitung der
Metalle und die Wcbekunst vervollkvinmncte sich, selbst die Rüstung zeigt Fort¬
schritte. Die Freien schieden sich in den, heroisch < ritterlichen, Herrenstand und
das niedere Bolk; die Sclaven waren Kriegsgefangene oder Erkaufte. An der
Svitze der kleinen Staaten stand ein besonders auf persönliche Tüchtigkeit sich
stützender Erbkönig, zugleich Kriegsanführer, Richter und Besorger der öffent»
lichen Ovser; er lebte vom Ertrage seines Besitzes, Geschenken der Parteien
und größerm Antheile an der Beute; ihm zur Seite steht berathcnd der Herren»
siand, die Befragung des geringcrn Volkes ist selten und nickt entscheidend 4).
Die Religion begann erst aus dem einfachen pelasgilchen Raturdienste, zum Theil
unter dem Einstusse phönicischer und ägyptischer Götterdicnste, sich zur später«
Mannichfaltigkeit zu entwickeln. Die Grundzüge des hellenischen Charackers
waren große Reizbarkeit und Empfänglichkeit und leichte Erregbarkeit für Tha,
tigkeit wie für Leidenschaftlichkeit (Haß, Neid und Grausamkeit), für sinnli¬
chen wie für geistigen und künstlerischen Genuß. Verschiede» entwickelte sich
dieser Character bei den verschiedenen Stänimen, besonders bei den einander
mehrfach entgegengesetzten Doriern, welchen Beharren beim Alten, Innerlichkeit
und rauher Ernst, und den Ioniern, welchen größere Empfänglichkeit für Aeu-
ßeres und Fremdes und Sinn für Anmuth und Zierlichkeit eigen war; in der
schönen Mitte zwischen beiden standen später die Athener. Die mannichsachen
Staatsformen, welche sich im folgenden Zeiträume bei den Griechen entwickel¬
ten, waren außer dem nicht gänzlich verschwindenden Königthume: eine meist
aus diesen, hervorgehende Aristocralie, Herrschaft des von Fürsten und Helden
der Heroenzeit abstammenden Herrenstandes; Oligarchie (Pluto- oder Timor
kratie), Herrschaft weniger reichen Familien, Democratie, Ausübung der Herr¬
schaft durch sämmtliche Bürger; sie wird zur Ocklocratie, wenn der große
Haufe die Entscheidung an sich reißt, und Tyrannis, eine ungesetzlich erworbene,
nach der Persönlichkeit des Inhabers bald milde, bald strenge Alleinherrschaft.
') Thucyd. I, 12. z) Quellen: Zerstreute Notizen im Herod., Thucyd.,
Strabo, Paufanias, Plutarch, in Scholiastcn und Lexicogravhen. 3) Apvllo-
dor. II, 8. Müller's Dorier I. 4) Aristot. Politik. III, 10, 102.