15. Armin im Kampfe mit Germanicus. 109
allen Stücken das Gegenteil von seinem grämlichen Oheim
Tiberius. Vier Jahre nach der Varusschlacht übernahm er
den Oberbesehl über die Legionen am Rhein. Ein Jahr
später starb der alte Kaiser Auguslus und hintcrließ das
Reich seinem ungeliebten Stiefsohn Tiberius. Die rheinischen
Soldaten wollten lieber den freundlichen und milden Ger¬
manicus zuni Kaiser haben und erboten sich, ihm mit
Gewalt die Krone zu verschaffen; aber standhast wies der
edle Jüngling alle Versuchung von sich ab und strafte die
Meuterer mit strengen Worten. Da gingen sie in sich, ent¬
schuldigten ihr rasendes Beginnen und verlangten zur Buße
dafür gegen den Feind, d. h. gegen die Germanen geführt
zu werden. Freudigen Herzens gab Germanicus ihrer Kampf¬
lust nach und rückte noch im Herbst des Jahres 1-1 nach
Christus mit einem Heere bei Xanten über den Rhein.
Die Zustände in Deutschland lagen für die Römer nur
allzu günstig. Nach dem herrlichen Siege im Teutoburger-
Walde hatten sich die Deutschen einer sichern Sorglosigkeit
ergeben. Die Völkerbündnisse, die Armin geknüpft hatte,
waren aufgelöst, Streitigkeiten zwischen Fürsten einer und
derselben Völkerschaft rissen die Gaugenossen in unheilvollen
Hader. Selbst die Cherusker, die durch Armin berühmt und
mächtig geworden waren, gerieten untereinander in Fehde. Der
Römerfreund Segest, durch seine Gaugenossen gezwungen,
hatte sich nach der Varusschlacht eine Zeitlang der Sache der
Freiheit angeschlossen. Sein wackerer Sohn Segimund, der
römischer Priester in Köln geworden war, hatte auf die Kunde
von der Erhebung des Vaterlandes gegen die Fremdherrschaft
seine Priesterbinde zerrissen und war zu den heimischen
Göttern zurückgekehrt. Segests Tochter Thusnelda liebte
den großen Helden Armin von ganzem Herzen und dachte wie
er. Aber Segest selber blieb ein Mann ohne Vaterlands¬
gefühl. Und als nun Armin Thusnelda entführte und sie
trotz dem Widerspruch des Vaters zum Weibe nahm, da ent¬
brannte der Haß Segests gegen Armin zu hellen Flammen.
Er dürstete nach Rache. Eine erbitterte Fehde brach zwischen
den beiden Fürsten aus.