Full text: Die alten Deutschen während der Urzeit und Völkerwanderung

176 24. Alarichs Siegeszug und Ende. 
blickte Alarich sie voll Verachtung an und sagte kalt: „Je 
dichter das Gras, desto leichter das Mähen." Dann lachte 
er laut aus. Die römischen Boten erblaßten und schauten 
stumm zur Erde. Nach einer Weile sagten sie, was er denn 
verlange. Hart versetzte der König: „Wollt ihr Frieden 
haben, so müßt ihr alles Gold und Silber, ferner alles kost¬ 
bare Gerat und alle Sklaven deutscher Abkunft herausgeben." 
Einer der Boten rief auf diese Worte verzweislungsvoll aus: 
„O König, wenn du alles nimmst, was willst du uns denn 
übrig lassen?" „Euer Leben," erwiderte Alarich. Zitternd 
zogen sich die beiden Gesandten zurück und überbrachten die 
Antwort den Bürgern, die vor Verzweiflung fast sinnlos wurden. 
Indes waren die Worte des jungen Helden nicht so schlimm 
gemeint. Er wollte nur den Römern die Lächerlichkeit ihres 
Hochmutes recht klar vor Augen halten. Diesen Zweck hatte 
er erreicht. Eine zweite Gesandtschaft, die bald darauf erschien, 
brachte keine Prahlereien, sondern demütige Bitten vor, die sich 
an Alarichs Milde und Großmut wandten. Da stimmte 
er seine Forderungen herab. Er verlangte jetzt 5000 Pfd. 
Goldes, 50000 Pfd. Silber, 4000 seidene Gewänder, 3000 
Purpurdecken und 3000 Pfd. Gewürze. Freilich wurde es 
den Römern schwer, selbst diese Forderungen zu befriedigen. 
Da man so viel edles Metall nicht aus der erschöpften Staats¬ 
kasse und den Beiträgen der Bürger, die mit ihrem Gut 
zurückhielten, aufbringen konnte, so mußte man die Schätze, die 
einst in bessern Tagen von der Kriegsbeute den Göttern ge¬ 
weiht und in den Tempeln niedergelegt worden waren, an¬ 
greifen und selbst einige goldene und silberne Götterbilder ein- 
schmelzen. Damals kam auch die Bildsäule der Virtus d. h. 
der männlichen Tüchtigkeit in den Schmelztiegel; diese Tugend 
selbst war bei den Römern längst geschwunden. 
Alarich hob nun die Belagerung auf und schlug nördlich 
von Rom, in Etrurien, sein Winterlager auf. Hier liefen ihm 
40000 Sklaven deutscher Abkunft zu, die meist aus den 
Scharen des Radagais stammten. Sie fanden freundliche Auf¬ 
nahme und verstärkten Alarichs Heer beträchtlich. Dabei hielt 
der König aber streng auf gute Mannszucht. Große Wagen-
	        
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