Full text: Die deutsche Geschichte in ihren wesentlichen Grundzügen und in einem übersichtlichen Zusammenhang

136 Kap. 21. § 108. Kaiser Heinr. IV. (Sieg Uber die Sachsen. Hanno's Ende.) 
Die Sachsen waren an beiden Ufern des Flusses gelagert. Da sie den König noch 
bei Breitenbach wähnten, überließen sie sich sorglos dem Gelage. Unvermutet aber 
überraschte sie das nach Stämmen geordnete königliche Heer. Mit Not sammelten sie 
sich und stürmten den Schwaben entgegen, welche nach alter Sitte mit ihrem Herzog 
(Rudolf) vorankämpften und die Baiern zur Stütze hatten. Ungeachtet der Ueber¬ 
maß waren anfangs die Sachsen, von Otto's Tapferkeit und Umsicht geleitet, im 
Vorteil, und nicht wenige Grafen und Herren fielen auf Seiten des Königs. Als 
aber auch die Franken in den Kampf einrückten und die Lothringer und die Böhmen 
folgten, da ermatteten die Sachsen und flohen nach ihrem Lager, wo die zurück¬ 
gebliebenen Bauern voll Angst des Ausgangs harrten und von den eindringenden 
Feinden teils im Lager teils auf der Flucht niedergemacht wurden. Gegen 8000 
Sachsen bedeckten das Schlachtfeld; aber auch das Reichsheer verlor 1500 Mann. 
Da aber Otto mit den Urhebern des Aufstandes entkam und noch ein 
Teil des sächsischen Heeres unter den Waffen stand, ließ der König durch 
den Erzbischof Siegfried den Kirchenbann über die Rebellen aussprechen 
und wandte sich mit seinem Heere nach den Harzgegenden. Auf diesem 
Zuge beobachtete der leidenschaftliche Sieger keine Grenze der Mäßigung: 
Blut und Brand bezeichnete seine Schritte; das Land wurde schrecklich ver¬ 
wüstet, selbst Kirchen und Kirchengüter blieben nicht verschont. Erschreckt 
über solche Greuel gelobten Berchtold und Rudolf, ihr Schwert nicht 
mehr für diese Sache zu ziehen. 
Zwar unterwarfen sich einige sächsische Fürsten und Herren; aber hart¬ 
näckig wiesen Otto und die Billunger jede Aufforderung zur Unter¬ 
werfung zurück. Doch als ihnen der König nach langem wechselvollem 
Kampf durch seinen Gesandten, den Erzbischof Siegfried, und durch den 
Herzog Gottfried Aussichten auf seine königliche Milde eröffnen ließ, 
versprachen sie unbedingte Unterwerfung, da sie keinen Ausweg vor sich 
sahen. Und so streckten sie denn am 26. Oct. auf der weiten Ebene im 
Süden von Sondershausen vor dem Könige die Waffen; und ihre 
Fürsten — Otto von Nordheim, die beiden Billunger und viele Bischöfe, 
Grafen und andere Herren — mußten in demütiger Haltung vor den 
König treten, der sie einzeln in Haft nahm, bis ihr Schicksal von den 
Fürsten des Reichs entschieden sein würde. 
Niemand schmerzte der Schlag, der die Sachsen traf, mehr als den totkranken 
Hanno, der noch vor seinem Sterben den König ersuchen ließ, sich ihrer zu erbarmen. 
Er hatte in der letzten Zeit selbst ein schweres Geschick erfahren. Seit die Wormser 
Bürgerschaft ihren Bischof verjagt und sich des Königs angenommen hatte, regte 
sich in mehreren rheinischen Städten ein gleicher Geist, und da schon längst die Köl¬ 
ner in ihrem herrschsüchtigen Erzbischof einen Tyrannen sahen, waren sie zu einem 
Aufstand geneigt, dessen endlicher Ausbruch folgende Veranlassung hatte. Seine Leute 
wollten mit gewohnter Anmaßung das Schiff eines reichen Kaufmanns nehmen, um 
den Gast ihres Herrn, den Bischof von Münster, rheinabwärts zu fahren. Der Sohn 
des Kaufmanns, ein in der Stadt beliebter junger Mann, widersetzte sich und schlug 
mit seinen Genossen die erzbischöflichen Diener samt der herbeieilenden Stadtwache in 
die Flucht. Im Zorn darüber drohte Hanno mit schwerer Züchtigung. Da rotteten 
sich die Bürger unter Anführung jenes Kaufmannssohns zusammen und stürmten mit 
dem Rufe Worms! Worms! in seinen Palast, um ihn zu töten. Er entkam im 
Getümmel in den Dom und von da durch eine kleine Pforte aus der Stadt und ent¬ 
floh nach Neuß. Sogleich dachten die Kölner auf Verteidigung ihrer Stadt; denn 
Hanno erschien nach vier Tagen mit einem aufgebotenen Heere vor ihren Mauern. 
Da bereits der Pöbel in der Stadt große Unordnung anrichtete, so entsank den Bür¬ 
gern der Mut, so daß sie sich ohne weitern Widerstand dem Erzbischof ergaben und 
auf seinen Befehl barfuß und im Büßergewande in seinem Lager erschienen. Als er 
nach seinem Einzug in die Stadt am andern Tage Gericht halten wollte, erschien 
niemand: denn 600 der reichsten Kaufleute hatten in der Nacht die Stadt
	        
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