Kap. 30. § 173. Maximilian I. (Einteilung des Reiches. Schwabenkrieg.) 257
wobei er sich kaum das Essen gönnte. Hatte er doch mit seinem Wunsche nach Frieden
und Einigkeit unter den Deutschen gleich bei Eröffnung des Reichstags die Absicht aus¬
gesprochen, es müsse der Machtentsallung Frankreichs eine Schranke gesetzt werden; denn
„wenn man dem Beginnen der Franzosen länger zusehe, so werde am Ende der deut¬
schen Nation das heil, römische Reich entzogen werden und niemand werde sich mehr
in seiner Ehre und in seinen Freiheiten erhalten können".
Indes fand das Kammergericht nicht gleich allgemeine Anerkennung, da
der Adel sich nur schwer dazu verstand und die Reichssteuer lange nicht
einging; daher dauerte der faustrechtliche Zustand fort. Darum wurde,
um eine rasche und durchgreifende Vollziehung der Reichskammerbeschlüsse
zu erzielen, Ruhe und Ordnung leichter zu handhaben und zugleich den
Grund zu einer Reichswehr zu legen, im Jahre 1512 Deutschland (an¬
fangs in sechs, nachher) in zehn Kreise eingeteilt und jedem Kreise
ein Kreisoberster mit einigen Räten vorgesetzt.
Die zehn Kreise Deutschlands waren: der österreichische Kreis, der bairische, der
schwäbische, der fränkische, der oberrheinische, der kurrheinische, der burgundische, der
westfälische, der niedersächsische und der ob er sächsische Kreis. Eine Rangordnung fand
unter denselben nicht statt. Die in denselben enthaltenen 250 Stände, deren wichtigste
unten (175) ausgeführt sind, hatten beim Reichstag zusammen 500 Stimmen, da die
kleinen nur curienweise stimmen durften.
Während alle deutschen Reichsstände sich dieser Anordnung als einer die
nationale Einheit vermittelnden Wohlthat gern fügten, wollte allein die
Schweiz das Reichskammergericht nicht anerkennen, und als Max sie im
Schwabenkrieg mit den Waffen dazu zwingen wollte, trennte sie sich
durch den Basler Frieden 1499 förmlich von dem deutschen Reiche,
indem sie, durch die Arglist Frankreichs (das durch die Schweiz sich einen
offenen Zugang zu Deutschland erhalten wollte) berückt, sich allmählich
französischem Einflüsse hingab und dadurch zu ihrem empfindlichen Schaden
eine natürliche nationale Verbindung mit einer unnatürlichen und verderb¬
lichen vertauschte.
Während des Schwabenkriegs (so benannt von dem schwäbischen Bund, durch
dessen Waffen König Max die Schweiz bekriegte) erneuerten die Eidgenossen ihre Ver¬
bindung mit Frankreich und brachten den Schwaben und Österreichern wiederholt so
schwere Niederlagen bei (darunter bei Dornach 1499), daß Max sich zum Basler
Frieden entschließen mußte. In diesem Krieg wurden 2000 Flecken, Dörfer und
Schlöffet verbrannt und 20,000 Menschen verloren daS Leben. Nachher verwickelte
Eigennutz und Händelsucht die Schweizer in auswärtige Kriege mit Venedig,
Mailand und Neapel, wodurch zwar ihr Kriegsruhm sich mehrte, aber Ruhe und
Frieden im Innern litt. Seit dem oben erwähnten schwäbischen Kriege machten Fremde
keinen Angriff mehr auf die Schweiz, deren Bund durch den Zutritt von Freiburg,
Solothurn (1487), sowie später von schaff Hausen, Basel und Appenzell als
ein Bund von 13 Kantonen sich abschloß (1513).
174. Inzwischen war die Gefahr in Italien vorübergegangen; denn
Karl VIII hatte auf die Nachricht von einem Bündnis des Kaisers mit
Mailand, Venedig, dem Papst und Spanien Italien wieder geräumt. Da
er aber bald neue Rüstungen machte, so unternahm Maximilian seinen
ersten Zug nach Italien, der indes keinen Erfolg hatte. Ja, der Kaiser
sah sich sogar genötigt, als Karls VIII Nachfolger Ludwig XII sich wirk¬
lich Mailands bemächtigte und den Herzog Ludwig Moro gefangen nach
Frankreich abführte, den französischen König mit Mailand zu be¬
lehnen.
Ms daraus Ludwig XII durch die Eroberung von Genua seine Macht
in Italien immer weiter ausbreitete, so unternahm Maximilian auf Bitten
Dittmar, deutsche Geschichte. 8. Aufl. 17