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Taumel wie Schneeflockenwirbel umsummen zahllose Bienen die köst¬
lich duftenden Zweige. Lin ununterbrochen fortklingender Bkkord,
eigen feierlich und geheimnisvoll, tönt das Summen ins Schalloch.
Konrings Bugen folgen den mit vollen Höschen heimeilenden. Über
den Zaun und sein Spiräengebüsch hin, in den Schulgarten hinein
zieht sich die Slugstraße, zum Immenzaun. Gft und immer gern ver¬
weilt Konring bei seinen Immen,' mancherlei hat ein Vienenvater
ja immer zu sorgen und zu tun. Weiter auf seine sauber bestellten
Beete, zum Schulhause hinüber gleitet sein Blick. Bus den holzver-
schalten wänden, bis in den Giebel hinauf mit Lfeu traulich berankt,
lachen die Fenster ihn an, blank und hell. Zein Kopf wendet sich
daraus mit plötzlichem Buck dem nahen Friedhöfe zu. hier die Trauer¬
esche vorn an der Mauer, er kennt sie nur zu gut. Lange betrachtet
er gedankenvoll die schwanken, tiesherabhängenden Zweige. Line schöne
Lage hat der Sichtenhagener Sriedhof. Bus einer Bnhöhe. hinab auf
die Ztrohdächer mit ihren rauchgeschwärzten Pferdekopfgiebeln, dem
alten niedersächsischen Wahrzeichen, schauen die Kreuze, blickt nun
vom Turme hoch darüber weg der ehrwürdige Kantor des Dorfes.
Zwischen den grünbemoosten alten Strohdächern ragen die heiteren
roten Wellziegel der neueren Häuser, und kein Haus schert sich unt
die Straßenfront, flätzt eins sich dicknäsig gegen das andere: „Ick kann
hier stahn, so as ick will, up minen Grünn." wiesen mit Gbstbäumen,
von eifrig grasenden Gänsen und possierlichen Gösseln munter belebt,
umgrenzen freundlich die Höfe. verwitterte Lattenzäune und Hecken,
Birken, Ebereschen, beschauliche Sichten, zahlreiche alte, knorrige Lichen,
treue Beschützer vor Blitzgefahr, umgeben die Häuser, die Speicher,
Schuppen und Scheunen.
In tiefstem Gottesfrieden liegt Sichtenhagen vor dem Kantor da.
Sonntagmorgen ist's. Da lärmen im Dorfe vor den Häusern und auf
den Höfen die Gören nicht herum. Sauber gewaschen und sonntäglich
angeputzt sitzt eines neben dem andern manierlich auf den Trittsteinen.
Dann und wann kommt ein Kätzchen aus dem Kellerloche heraufge¬
schlichen, hockt nieder, leckt und bepfötet sich eifrig und stellt schnurrend
Sonntagsbetrachtungen an. Die sonderbare Buhe in Haus und Hof
gibt dem Hühnervolke viel zu denken. Unterm wiemen an der Zchup-
penmauer kauert es beieinander in der Sonne, die Sedern behaglich
aufgelockert, der Hahn stattlich mitten inne. Manche tiefe Bnsicht
wird erörtert, in gebrochenem Französisch. Das herrlichste Sandbad läßt
sich dabei nehmen. Line Henne, die was auf sich hält, legt zur Kirchzeit
Sonntags keine Lier mit steinerweichendem Gackern, das kommt nicht
vor auf einem anständigen Hose. Buhig fest in der Lrde, im Miste
Lesebuch f. höh. Mädchenschulen. VH. 8