Full text: Die deutsche Geschichte in ihren wesentlichen Grundzügen und in einem übersichtlichen Zusammenhang

Kap. 5. § 29—30. Cäsar und Ariovist in Gallien. 21 
während Poin pejus in Rom blieb, um sich dort im Herzen des römischen Volkes 
festzusetzen. 
Gallien, soweit es damals von den Römern noch nicht bezwungen war, zerfiel in 
drei Teile: 1. in Aquitanien, von den Pyrenäen bis zur Garonne; 2. in das 
eigentliche Gallia oder Stammland der Kelten, von der Garonne bis zur Seine und 
Zu den Alpen; 3. in das Land der Beigen, von der Seine bis an den Niederrhein. 
Die vielen keltischen Völkerschaften dieses Landes lebten in keinem Gemeinverband, son¬ 
dern in häufigen Fehden unter einander, wodurch es einem Feinde, der wie die Römer 
in der Kriegskunst so überlegen war, leicht wurde, mittelst Unterdrückung eines 
Volksstanims durch den andern ihrer Herr zu werden. — Eben hatte Cäsar, 
ehe er Gallien betrat, die Helvetier, welche in Masse auf einem Auswanderungszuge 
nach Gallien begriffen waren (wo sie sich, weil ihnen ihr Land zu klein und die Nach¬ 
barschaft der Deutschen zu gefährlich war, niederzulassen gedachten), bei Bibracte 
gänzlich geschlagen und wieder in ihre Heimat zurückzukehren gezwungen, weil er doch 
lieber die Helvetier als die Deutschen zu Nachbarn des römischen Reiches haben wollte. 
— Voll Bewunderung über diesen Sieg Cäsar's kamen die Häupter fast aller gallischen 
Gaue in sein Lager und baten ihn, sich ihrer gegen die übermütige und harte 
Behandlung des Ariovist anzunehmen und sie von den eingedrungenen Deutschen zu 
befreien. 
30. Cäsar, dem diese Aufforderung ein willkommener Anlaß war, sich 
in die Angelegenheiten der Gallier zu mischen und sich zu ihrem Herrn 
zu machen, ließ Ariovist zu einer Unterredung einladen. Als dieser ihm 
sagen ließ, er solle vielmehr zu ihm kommen, was ihn denn dieses sein 
Gallien angehe? so forderte ihn Cäsar auf, kein Kriegsvolk mehr über den 
Rhein zu führen und die gallischen Geiseln frei zu geben. 
Ariovist antwortete, er schreibe den Römern nichts vor, werde sich 
aber mich von ihnen nichts vorschreiben lassen; noch nie habe jemand mit 
ihm, als nur zum eigenen Verderben, gestritten; gelüste es Cäsar darnach, 
so solle er nur kommen, er werde erfahren, was die unüberwindlichen 
Deutschen vermöchten, die binnen vierzehn Jahren unter kein Dach gekommen 
seien. Zugleich näherte sich Ariovist der reichen Hauptstadt der Sequaner 
V e s o n t i o (Besan^on). 
Aber Cäsar kam ihm zuvor, besetzte die Stadt und dachte auf eine ent¬ 
scheidende Schlacht. Da bemächtigte sich des römischen Heeres — in Folge 
gallischer Berichte von der Furchtbarkeit und Unüberwindlichkeit der Ger¬ 
manen — eine solche Mutlosigkeit, daß es Cäsar nicht in die Schlacht 
folgen wollte. Cäsar stellte aber durch Klugheit und Beredsamkeit das Ehr¬ 
gefühl der Legionen wieder her und führte sie gleich darauf gegen den Feind. 
Die Deutschen waren nach der Ordnung ihrer Stämme aufgestellt, hinter 
ihnen die Wagen und Karren mit den Weibern und dem Gepäck, um die 
Flucht zu erschweren. Die ungestüme Tapferkeit, mit welcher sie den ersten 
Angriff machten, scheiterte an der überlegenen Kriegskunst der Römer. Sie 
wurden geschlagen und flohen dem Rhein zu. So ward bei dem heutigen 
Mömpelgard im oberen Elsaß Ariovist von Cäsar besiegt, seine 58 
beiden Frauen und die eine seiner Töchter kamen um's Leben, die andere v. Chr. 
ward gefangen; Ariovist selbst entkam auf einem Fahrzeuge über den 
Rhein, worauf man nie mehr etwas von ihm vernahm. 
Nach diesem Siege verlegte Cäsar feine Legionen zu den Sequanern, um da 
zu überwintern, während er selbst nach Italien ging. Da merkten die Gallier, daß 
auch die Römer es auf ihre Unterjochung absahen, und vereinigten sich mit den 
Beigen zu einem Aufstand. Cäsar aber, durch die Remer (die Bewohner der 
Gegend des heutigen Rheims) davon benachrichtigt, kam mit zwei neuen Legionen und 
brachte durch rasche Ueberfälle ein Volk nach dem andern zur Unterwerfung. Nur die
	        
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