Full text: Die deutsche Geschichte in ihren wesentlichen Grundzügen und in einem übersichtlichen Zusammenhang

Kap. 7. § 36—37. Varus. Armin. Schlacht im tcutoburger Wald. 27 
Segimer's Sohn, Armin, ein Fürst der Chernsker, der sich früher, 
gleich Marbod, im römischen Kriegsdienste das römische Bürgerrecht und 
die römische Ritterwürde erworben, dabei aber auch die Unterdrückungskünste 
der Römer hassen gelernt hatte. 
Erbittert über die Herrschaft fremden Rechts und fremder Sitte, schloß 
Armin mit andern cheruskischen Fürsten, sowie mit den Fürsten der 
Marser, Bructerer und hatten einen geheimen Bund gegen die 
Unterdrücker, und eben so rasch zur Tat als erfinderisch im Rat, ent¬ 
warf er einen auf das törichte Selbstvertrauen und die Sorglosigkeit des 
Varus berechneten Msstands- und Ueberfallsplan, den er mit der Ver¬ 
schlagenheit eines halbcultivirten Naturmenschen ausführte. 
37. Auf den Rat der Verschwornen vertauschte Varus seinen Auf¬ 
enthalt am Rhein mit einem Standquartier an der Weser, damit er dort 
die römische Herrschaft befestige, und zum Schein erbaten sich viele chernskische 
Orte und Gemeinden römische Gerichte und römische Besatzungen: dies 
taten sie in der Absicht, mm die römische Militärmacht zu teilen, die 
ohnedies durch Varus in einen vernachlässigten Zustand gerathen war. 
Vergebens warnte Armin's Oheim Segest, ein großer Römerfreund, dessen 
Tochter Armin entführt und geheiratet hatte, bei einem Gastmahle den 
Statthalter vor der Gefahr: Varus glaubte ihm nicht, weil ihm dessen Haß 
gegen Armin bekannt war, und so schien ihm, wie Tacitus sagt, „eine 
höhere Macht den Sinn verblendet zu haben, damit Germanien frei erstehe". 
Hierauf lockte Armin durch die Nachricht von dem Aufstande eines ent¬ 
fernten Stammes den Varus noch tiefer in das von Wald und Sumpf 
bedeckte Land, wo ein furchtbarer Regensturm und dann der plötzliche und 
unvermutete Ueberfall der Deutschen den Römern den Zug erschwerte. 
Nun gingen dem Varus die Augen auf, und als er unter schweren 
Kämpfen einen freien Platz zur notdürftigen Nachtrast erreicht hatte, ließ 
er einen großen Teil des Gepäcks verbrennen und versuchte am andern 
Morgen durch eine Wendung westwärts das feste Ali so zu erreichen, 
wovon ihn jedoch noch die späterhin mit dem Namen Osning bezeichnete 
Bergkette mit der an ihrem Südwestabhang befindlichen sumpfigen Ebene 
trennte. Kaum hatten die sich eng aneinander schließenden Legionen den 
tcutoburger Wald betreten, so wurden sie wieder angegriffen, bis aber¬ 
mals freies Feld den ermüdeten Römern einige Ruhe im halb befestigten 
Lager gestattete; aber kaum hatte der dritte Morgen sie wieder dem Walde 
zugeführt, als unter Sturm und Regen, der den Römern die Bogensehnen 
erweichte, die Angriffe der Deutschen sich erneuerten. Mit Mühe erreichten 
die Römer den Südwestabhang des Waldes, wo die Ebene beginnt. Hier 
an dem Passe, der am Teut und Falkenberg vorbeiführt (in der Richtung 
zur Lippe auf die Lenne), zwischen Wald und Sümpfen, kam es mit der 
Hauptmacht der dort versammelten Deutschen zum letzten Kampf. Die 
Legionen wichen, ihre Reihen gerieten • in Unordnung, ihre Adler wurden 
genommen. Da, als der schon verwundete Varus alles verloren sah, 
stürzte er sich, um diese Schmach nicht zu überleben, selbst in sein Schwert; 
die noch Uebrigen erlagen dein Schwerte der Germanen und nur wenige 
erreichten Aliso. Dies war die Treiheitsschlachl auf dem Winfeld oder 9 
die Schlacht im teutoburger Walde, welche nicht nur die Römer drei Chr,
	        
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